Baumfäller mit Biss

Baumfäller mit Biss

Der Biber

Bäume fällen, darauf haben Waldbesitzer und Förster ganz sicher nicht das Monopol, denn schon lange vor Motorsäge und Harvester oder Zugsäge und Axt hat ein kleiner pelziger Experte für Baumfällung gezeigt was er kann. Vor ca. 60 Millionen Jahren entwickelte sich aus der Ordnung der Nagetiere eine Familie, die uns Menschen als Bau- und Fällmeister um Baumlängen voraus ist: Die Familie der Biber.

Transkontinentale Familienbande

Aus fossilen Funden ist bekannt, dass es einmal 10 verschiedene Biberarten gegeben haben muss. Heute finden sich nur noch zwei davon, beide heimisch auf der Nordhalbkugel: Auf unserem Kontinent den vor 15 Millionen Jahren entwickelten eurasische Biber (Castor fiber) und auf der anderen Seite des Atlantiks der kanadische Biber (Castor canadensis).

 Europäischer und Kanadischer Biber mit ihren verschiedenen Unterarten sind sich optisch relativ ähnlich. Genetisch betrachtet bestehen Unterschiede in der Chromosomenzahl. Der Europäische Biber weist 8 Chromosomen mehr auf, als sein amerikanischer Verwandter und damit insgesamt 48 Chromosomen. Dafür übertrifft der kanadische Biber unseren heimischen in Sachen Größe. Mit 2,50m Körpergröße lebte vor ca. 100.000 Jahren auf kanadischer Seite eine riesige Art der Biber. Heute weist der kanadische Biber nur noch vergleichsweise bescheidene (bis zu) 1,30m auf von Schnauze bis Schwanzspitze gemessen.

Europäischer Biber vor seinem Bau

Der europäische Biber bleibt mit 80-100cm etwas kleiner und bringt ca. 20 bis 25 Kilogramm, maximal 30kg auf die Waage. Weitere Unterschinde zwischen den Arten finden sich in der Fallfarbe und der Form des Schädelknochens, der u.a. beim europäischen Biber ein längeres Nasenbein aufweist.

Biber, Bisam oder Nutria?

In seiner ganzen Gestalt ist der Biber hervorragend an ein Leben zwischen Wasser und Land angepasst. Vor allem sein Schwanz ist ein klares Erkennungsmerkmal. Spätestens anhand des Schwanzes kann der Laie eindeutig bestimmen, ob es sich bei dem Tier im Wasser um eine Bisamratte, Nutria oder einen Biber handelt. Alle drei Nager besiedeln Wasserlebensräume und können auf den ersten Blick miteinander verwechselt werden. Dabei sind Nutria mit ca. 60cm und Bisamratten mit ca. 25-35cm deutlich kleiner. Beide sind übrigens Neozoen. Bei der Bisamratte, handelt es sich um eine große Wühlmaus, die aus Nordamerika eingeschleppt wurde, bei den Nutrias um eine Meerschweinchen-Verwandte aus Südamerika. Nutria wurden in den 1920er Jahren auf Grund ihres Pelzes nach Deutschland gebracht und hier gezüchtet. Die heute frei lebenden Exemplare sind die Nachfahren entflohener und teilweise ausgewilderter Tiere aus solchen Pelztierfarmen.

Nutria lässt es sich schmecken

Nutria verfügen über einen leicht behaarten runden Schwanz, der sie beim Schwimmen unterstützt, Bisamratten einen nackten, vertikal abgeflachten Schweif.  Damit unterscheiden sich beide invasiven Arten vom Biber mit seiner charakteristischen horizontal abgeflachten Kelle. Kelle, das ist die offizielle Bezeichnung für dieses Multifunktionsorgan. Der Schwanz dient dem Biber als Steuerruder und Paddel, aber auch als Balancierhilfe und Fett- und Vitaminspeicher (vor allem für den Winter). Die Kelle ist mit hornartigen Hautplättchen besetzt und damit eine robuste und zuverlässige Stütze. Doch die Kelle dient auch der Kommunikation des Bibers. Bei Gefahr lässt er seinen breiten Schwanz lauf auf das Wasser klatschen und warnt somit seine Artgenossen.

Scharfe Beisserchen

Ein weiteres Werkzeug des Bibers sind seine Zähne. Als Nagetier zeigt er ein entsprechend typisches Gebiss. Je zwei lange Schneidezähne im Oberkiefer und zwei im Unterkiefer ermöglichen dem Biber einen kräftigen Biss. Besonders ist hier die gelb-orange Färbung der Zähne. Die kommt von Eiseneinlagerungen auf der Zahnvorderseite. Durch das Eisen werden die Zähne besonders vor Abnutzung schützt. Wie bei allen Nagetieren wachsen die Zähne ein Leben lang nach. Mit dieser besonderen Kneifzange legt der Biber dann auch los und fällt munter Bäume. Dahinter wachsen mit einer kleinen Lücke dazwischen die Backenzähne, die pflanzliche Nahrung in einen bekömmlichen Brei zermahlen. Beim Bäumefällen hat es der Biber, ganz im Gegensatz zu uns Menschen, aber nicht vorrangig auf das Holz abgesehen. Warum also fällen Biber Bäume?

Veganer Feinschmecker

Biber ernähren sich rein pflanzlich. Algen, Kräuter und Stauden stehen auf dem Speiseplan sowie Knospen, Zweige und Rinde. Auch Feldfrüchte schmecken gut und so findet man in den Sommermonaten an Felder oft die Erntespuren der Biber, deren Weg zurück ins Wasser meist einfach zurückverfolgt werden kann.

Fraßspuren eines Bibers

Besonders im Winter greifen Biber noch öfter auf dünne Zweige, Knospen und Rinde zurück. Im Gegensatz zum Eichhörnchen können Biber nicht klettern, aber sie nutzen ihre scharfen Zähne und fällen Bäume. Auf diese Weise holen Sie das Futter zu sich herunter. So ein Fällmeister braucht für einen Stamm von 30cm Dicke etwa eine Nacht. Kleinere Stämme werden in Minutenschnelle zu Fall gebracht. Für den Winter legen sich die Nager Nasslager als Vorrat an: Unter Wasser werden schmackhafte Zweige deponiert. Auch wenn das Gewässer zufriert müssen die Biber somit nicht hungern, sondern tauchen aus ihrer Burg heraus und holen sich, was sie brauchen.

Pflanzliche Nahrung wie die Rinde dünner Äste steht auf dem Speiseplan des Bibers

Der Biber und seine Burg

Biber legen großen Wert auf ausreichend tiefe Gewässer. Schwimmen und Tauchen bedeutet für die Tiere Schutz und so liegen die Eingänge zu ihren Behausungen meist unter Wasser. Biber und ihre Familien leben in so genannten Biberburgen. Diese Wohnstätten schichten die Baumeister sorgfältig aus Ästen, Zweigen, kleinen Stämmen, Schlamm und Pflanzenteilen auf.

Eingang einer Biberburg aus Zeigen und Ästen am Rand eines Kanals

Innen legen sie einen großen trockenen Wohnkessel von 60-100cm Durchmesser an, der weich mit Pflanzenteilen ausgepolstert wird. Erreichbar ist das Wohnzimmer über eine lange Röhre, die ins Wasser führt. Zuweilen gehen Biber auf nun mal sicher und legen gleich mehrere Ein- und Ausgänge an. Nicht immer müssen die Biber als Burgbaumeister aktiv werden. Steht ein Steilufer mit passendem Erdreich zur Verfügung werden sie eher zum Tunnelgräber und höhlen das Erdreich nach ihren Bedürfnissen aus. Dabei verfügt der Biber über starke Vorderpfoten, die er ideal zum Buddeln und Graben verwendet. Die Hinterpfoten des Bibers sind hingegen für das Schwimmen und Tauchen mit Schwimmhäuten ausgerüstet. Eine Putzkralle am den Hinterpfoten ermöglicht eine sorgfältige Pflege des Pelzes, außerdem fettet er den Pelz damit ein, um es wasserabweisend zu halten.

In allen Fällen brauchen Biber geschützte Zugänge zu ihren Behausungen, am liebsten unter Wasser. Bei Gefahr können Biber übrigens bis zu 20 Minuten unter Wasser bleiben. Normalerweise tauchen sie bis zu fünf Minuten am Stück. Bei der Orientierung helfen dem Biber vor allem die  Tasthaare, denn Biber sehen nicht sonderlich gut und sind farbenblind.

Biberburg in einer Uferböschung, Eingang 1 mitte links, Eingang 2 rechts

Steht das Wasser zu niedrig für ihre Bedürfnisse, wird aufgestaut. Dazu schichten sie Äste und Zweige, kleinere Stämme, Pflanzenteile und Schlamm auf. Aus einem kleinen Bach wird auf diese Weise ein tieferes und bereiteres Gewässer. Oft entstehen ganze Teichlandschaften. Untersuchungen aus Alaska zeigen etwa, wie Biber nach ihrer Rücksiedelung großräumig die Landschaft veränderten. Insgesamt lassen sich in der arktischen Tundra Alaskas lassen sich in diesem Gebiet über 12 Tausend Tümpel und Teiche auf die Biber zurückführen. Auf Satellitenbildern lässt sich verfolgen, wie aus kleinen Bächen in Laufe von Hektargroße Seen aufgestaut werden. Bei der Studie wurde ein 429.5 km2 großes Areal untersucht, in diesem Untersuchungsgebiet stieg zwischen 2003 and 2017 die Anzahl der Teiche von 153 auf 364. Das Pikante daran: Gleichzeitig überflog dfas Forscherteam das Areal auf der Suche nach Methanquellen im Permafrostboden. Die Methanquellen stimmten signifikant überein mit den Bautätigkeiten der Biber. Ursache für die Methanfreisetzung sind die aufgestauten Wasserflächen. Diese speichern mehr Wärme als kleine, fließende Gewässer und geben die Wärme an die Umgebung ab. Der Permafrostboden taut dabei und gibt das darin gefrorene Methan ab. Zudem entsteht neues Methan, wenn Wasser Vegetation überschwemmt und Pflanzen dadurch verrotten. Methan gilt als einer der klimaschädlichsten Treibhausgasemissionen. Unbeabsichtigt treiben die Biber Alaskas somit den Klimawandel voran. Gleichzeitig fördern sie jedoch die Artenvielfalt in der Region, wie kein anderes Tier. Wasservögel, Ottern, Fische, Insekten und eine vielfältige Vegetation feuchter Biotope konnten sich dort dank des pelzigen Baumeisters ansiedeln und bereichern das Ökosystem.  

Wertvolle Biotope oder wirtschaftlicher Schaden?

Der Biber schafft es damit wie kaum ein Tier sich seine Umgebung nach den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Damit kommt er jedoch regelmäßig in den Konflikt mit den Landbesitzern. Ein Feld, das plötzlich unter Wasser steht, trägt an dieser Stelle keinen Mais, Getreide oder Rüben mehr oder ist im Bereich der Uferböschung nicht mehr sicher befahrbar. Einem Fichtenbestand mit den Wurzeln im Dauernass geht auf kurz oder lang die Luft aus. Das Habitat ändert sich, aus Trockenland wird Feuchtland, dichte Waldbestände werden aufgelichtet, wodurch lichtliebende Arten ihre Nische finden. Neue Tier- und Pflanzenarten siedeln sich in der Folge an. Teilweise seltenen Amphibien und Insekten, Wasservögeln, Pflanzenarten und Co wird durch den pelzigen Baumeister ein neuer attraktiver Lebensraum geschaffen. Doch Biber kommen nicht nur in Landstrichen vor, die der Natur überlassen werden, sondern besiedeln größtenteils unsere Kulturlandschaft mit all ihren unterschiedlichen Nutzungsansprüchen – kurz: Es kommt zum Konflikt zwischen Biber und den geschädigten Landnutzern. Oft sind das Landwirte und Waldbauern, aber auch in Sachen Infrastruktur kann es kritisch werden, wenn Bahndämme und Straßen dank unerwarteter Wassermassen unterspült werden. Wege werden immer wieder durch angenagte und aber gerade noch stehende oder frisch gefällte Bäume gefährdet. Drei Beispiele für Biberschäden:

  • Im Oktober blieb die Allgäuer Tourismus Gemeinde Oberstdorf für etwa zwei Wochen vom Bahnverkehr abgeschnitten. Biber hatten sich weit in den Bahndamm hineingegraben und diesen an mindestens einer Stelle komplett unterhöhlt.
  • Im Landkreis Darmstadt-Dieburg baut ein Biber fleißig an seinen Stauanlagen. Seit er sich dort 2021 angesiedelt hat, kämpfen Bewohner mit Wasser im Keller. Durch die Staumaßnahmen der Nager drückt das Wasser auf Grund des gestiegenen Grundwasserspiegels durch den Keller in die Häuser.
  • Im Stadtgebiet München geht man davon aus, dass sich etwa 20 Biberfamilien (80 -100 Tiere) wohl fühlen. Auch im Englischen Garten, einer der größten innerstädtischen Parkanlagen der Welt finden sich die Spurten der Familienmitglieder. Uralte Bäume mit Durchmessern von 60cm fallen unter den kräftigen Beißerchen der Biber. Ende des Winters müssen hunderte Bäume gefällt werden, auch um die Wegesicherheit in dem beliebten Erholungsgebiet zu  bewahren. 

Bibermanagement

Was nun also unternehmen und wer hat Recht? Der Biber, der sich nachdem er fast ausgerottet war, sein ursprüngliches Habitat zurückerobert und wieder sesshaft wird, oder wir Menschen, die wir Flächen brauchen, um Land- und Forstwirtschaft zu betreiben, zu wohnen oder für Infrastruktur von A nach B zu kommen. Gott sei Dank ist es keine Entweder / Oder Frage, sondern eher die Frage, WIE ein Miteinander aussehen kann. Um Konflikte zu bereinigen und Geschädigten einen Ausgleich zu verschaffen, wurden vielerorts so genannte „Biberbeauftragte“ eingerichtet sowie Bibermanagementpläne mit Kompensationszahlungen für Mehraufwand, Beseitigung von Biberschäden. Im Rahmen des Bibermanagements werden die Reviere der Biber erfasst und Konflikte zwischen Mensch und Tier geklärt. Die Biberbeauftragten stehen als Ansprechpartner zur Verfügung und sind auch präventiv unterwegs, wenn es z.B. darum geht, Maßnahmen in die Wegezu leiten, um die Bau- und Fälllust der pelzigen Gesellen wo nötig einzudämmen.

Biberpärchen am Isarkanal

Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten, Biber davon abzuhalten, bestimmte Bereiche zu schädigen (aus menschlicher Perspektive zu schädigen, aus Sicht des Bibers zu optimieren und zu nutzen). Bäume können mit Drahthosen geschützt werden, durch das Metall kommen die Biber nicht mehr an die Stämme heran. Ein Drahtgitter an Dämmen verhindert, dass der für uns Menschen so wichtige Hochwasserschutz nicht untergraben und durchlöchert wird. Elektrozäune können Felder vor Plünderungen schützen, so dass sich die Biber anderen Leckerbissen, die eigentlich auf ihrem Speiseplan stehen, zuwenden. Drainagerohre lassen Wasser aufgestauter Flächen abfließen, allerdings kann es hier zu einem Katz- und Mausspiel zwischen Biber und Mensch kommen, wenn einfach ein neuer Damm vor oder hinter dem Rohr errichtet wird. Oftmals versuchen die Umwelt- bzw. Naturschutzbehörden Flächen gezielt anzukaufen oder Pufferstreifen einzurichten und somit dem Biber den Raum zu geben, den er zum Leben benötigt.

Streng geschützt! – aus gutem Grund.

In sehr seltenen Fällen können „Problembiber“ entnommen oder umgesiedelt werden. Prinzipiell gilt jedoch, dass Biber streng geschützt sind, einmal entsprechend Anhang IV der FFH-Richtlinie, einmal nach § 7 Abs. 2 Nr. 14 Buchst. b BNatSchG. Sie unterliegen damit dem Naturschutzrecht und nicht wie viele andere Wildtiere dem Jagdrecht.  Der Schutzstatus gilt hierbei sowohl für lebende Biber, als auch tote Tiere und Erzeugnisse aus Biber. Hierzu zählt auch die einstmals so beliebte Biberfellmütze.

Das Fell des Bibers wurde  den Tieren in Europa und Amerika zum Verhängnis. Mit bis zu 12 Tausend Haaren pro Quadratzentimeter auf dem Rücken und bis zu 23 Tausend Haaren pro cm² auf dem Bauch hat der Biber eines der dichtesten Felle im Tierreich und damit einen auch bei den Menschen begehrten Pelz. Das Fell des Bibers wurde für Mützen und Mäntel genutzt, sein Fleisch galt als Delikatesse und die Rettung Fleischhungriger Katholiken des 18. Jahrhunderts. Während Fleisch während der Fastenzeit ja eigentlich verboten war, galt Biber als Fisch. Der Jesuitenpater Pierre François Xavier de Charlevoix, erklärte im Jahre 1754: „Bezüglich des Schwanzes ist er ganz Fisch, und er ist als solcher gerichtlich erklärt, durch die ‚Medizinische Fakultät‘ in Paris, und in Verfolgung dieser Erklärung hat die Theologische Fakultät entschieden, dass das Fleisch während der Fastenzeit gegessen werden darf.“ Zudem nutzte man das so genannte „Bibergeil“ oder „Castoreum“. Bei Bibergeil handelt es sich um ein Sekret aus Beuteln, die sich unter dem Schambein des Bibers zwischen den Geschlechtsteilen und dem After, befinden. Die Substanz dient den Bibern zur Fellpflege und zur Markierung ihres Reviers. „Bibergeil“ wurde als Schmerzmittel genutzt, wobei die Frage medizinisch nicht vollständig ist, ob tatsächlich ein medizinischer Nutzen bei dieser Substanz vorliegt. Tatsächlich enthält das Sekret Spuren von Acetylsäure, welche der Biber beim Verzehrt von Weiden zu sich nimmt. Es gibt Stimmen, die damit von Bibergeil als dem Aspirin des Mittelalters sprechen. Allgemein glaubten die Menschen im Mittelalter an Castoreum als Allheilmittel. Es sollte gegen Schmerzen Schlaflosigkeit, Wahnsinn und Fiber helfen.

Außerdem ist der Geruch des Castoreum ähnlich dem von Moschus, weshalb es bei der Parfumherstellung verarbeitet wurde.

Aus für die Biber in Europa

Pelz, Fleisch, Bibergeil – das alles brachte den Biber an die Grenzen seiner Existenz. Auch seine Bautätigkeiten machen ihn bei den Menschen nicht unbedingt beliebt, je gerader und kontrollierbarer unsere Natur sein musste, desto stärker stand der Biber im Weg.

Während die Biber im 18. Jahrhundert immer stärker bejagt wurden, waren sie Anfang bis Mitte des 19. in Deutschland und den anderen europäischen Staaten beinahe ausgerottet. Zwei Beispiele: Der letzte Biber im Rheingebiet wurde 1877  gesichtet, in Österreich wird der letzte Biber an der Donau im Jahr 1863 erlegt.

Der Biber kehrt zurück

Das Fehlen der Biber blieb nicht unbeachtet. Zunächst stellten die Länder die spärlichen Restvorkommen des Bibers unter Schutz, wie Deutschland im Jahr 1910. Jahrzehnte später erfolgten die ersten Wiederansiedelungen des Bibers, beispielsweise in Bayern ab dem Jahr 1966 bis in die 80er Jahre. Dabei wurden Tiere aus Russland, Polen und Skandinavien an Donau, Isar und Inn, Ammersee und in den Nürnberger Reichswald umgesiedelt. Seither haben sich die Biberbestände gut entwickelt. In Bayern wird die Zahl der Biber auf 12 – 15 Tausend Tier geschätzt, in Deutschland auf etwa 40 Tausend und europaweit auf ca. 500-700 Tausend Tiere. Das klingt zunächst viel, doch bis in 16. Jahrhundert schätzt man, dass der eurasische Kontinent von rund 100 Millionen Bibern besiedelt wurde. Von diesen Zahlen sind wir heute meilenweit entfernt und werden diese vermutlich auch nicht mehr erreichen, selbst wenn die Biber bei der Paarung alles geben sollten.

Aus zwei mach vier bis fünf

Apropos Paarung: Die Paarung der Biber findet wie der Großteil ihres Lebens im Wasser statt. Besonders heiß geht es dabei in der noch kühlen Jahreszeit zu zwischen Januar und März und das immer mit dem selben Partner, denn Biber sind sich treu, sie leben monogam. Nach 105 bis 109 Tagen erblicken dann die Biberjungen das Licht der Welt mit einem Gewicht von in der Regel 500 bis 700 Gramm. Die ersten zwei Monate bekommen die Jungtiere Milch, doch schon nach zwei Wochen knabbern die Kleinen an Pflanzen und Knospen und gewöhnen sich immer mehr an feste Nahrung. Bei ihren Eltern bleiben sie die ersten zwei Jahre, so dass im Folgejahr eine Großfamilie von durchschnittlich fünf- sechs Bibern in der Burg wohnt, jüngere und ältere Geschwister und die Eltern. Nach zwei Jahren geht es dann auf Reviersuche, eine eigene Burg muss gebaut werden, eigene Dämme angelegt und neue Wasserlandschaften gestaltet.

 

Video (bitte anklicken): Biberfamilie auf dem Weg in ihre Burg (aufgenomme Nähe Chiemsee)

Das Zusammenleben mit den Bibern ist nicht immer ganz einfach. Es kann frustrierend sein, wenn wunderbare Bäume Sanduhrenartig abgefressen werden, wenn Felder und Wälder plötzlich unter Wasser stehen oder Dämme durchlöchert sind. Auf der anderen Seite entstehen wunderbare Wasserlebensräume, welche die Artenvielfalt fördern. Die Biber heben zudem den Grundwasserspiegel an, eine Tatsache, die uns gerade in trockenen Jahren auch entgegen kommen. Im Endeffekt macht der Biber nur dass, was wir Menschen schon seit Jahrhunderten bzw. Jahrtausenden machen: Er passt sich seinen Lebensraum so an, dass sein Umfeld seinen Ansprüchen und Bedürfnissen perfekt gerecht wird. Er verändert Landschaften in einem Ausmaß, in dem es nur wenige Lebewesen dieser Erde schaffen.

Quellen