Im Reich der Pilze

Im Reich der Pilze

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Sie tragen Namen mit „Satan“ und „Hexen“ am Anfang, sie heißten „Ziegenlippe“ und „Kuhmaul“,  „Gifthäubling“, „Schleimkopf“, „Stachelbart“, „Judasohr“, „Dickfuß“ oder „Ritterling“. Das alles klingt fast wie eine Ansammlung von Bezeichungen aus einem Phantasy-Roman. Wie wäre es mit z.B. „Ritter Stachelbart“, „Hexe Dickfuß“ oder Zwerg „Gifthäubling“? Die Geschichte, die ich Ihnen diesmal erzählen will, spielt in einem magischen Reich in unserer Realität, dem magischen, bezaubernden Reich der Pilze.

„Samtfußrübling“ an Baumstamm – Manchmal tragen Pilze ungewöhnliche Namen

Ein Königreich für einen Pilz

Ohne Pilze gibt es keinen gesunden Wald und doch sind Pilze Segen und Fluch zugleich, manche bringen Leben und manche bedeuten Tod. Tauchen wir ein in das vielseitige Reich der Pilze. Die Wortwahl „Reich“ ist hierbei absichtlich gewählt, denn Pilze bilden unter den Lebewesen, die über einen Zellkern verfügen ein eigenes Reich, denn sie zählen aus Sicht der Biosystematik weder zum Reich der Tiere, noch zum Reich der Pflanzen. Die Pilze bilden also ein ganz eigenes Organismenreich, mit etwa 120.000 bekannten Pilzarten, man vermutete jedoch, dass eigentlich sehr viel mehr davon existieren. Wissenschaftler schätzen, dass es 18-mal mehr Pilzarten weltweit geben könnte, als bislang bekannt, die Rede ist von 2,2 bis 3,8 Millionen Arten. In Deutschland finden sich in etwa laut Artenschutzreport des Bundesamtes für Naturschutz ca. 14.000 Pilzarten.

Unter der Lupe

Jetzt wissen wir zwar, dass es wirklich ein eigenes Reich der Pilze gibt mit vielen Tausend Vertretern. Aber was genau macht einen Pilz zum Pilz? Was unterscheidet Pilze so einzigartig von Pflanzen und Tieren, dass sie als ganz eigene Sparte definiert werden? Dazu muss man sich Den Aufbau und die Lebensweise von Pilzen einmal genauer anschauen.

Der Hauptteil der Pilze bestehen aus so genannten Hyphen. Hyphen sind langgezogene, fast fadenartige Zellen, welche für die Wasser- und  Nährstoffaufnahme und Transport bei den Pilzen sorgen. Sowohl die Fruchtkörper, die wir oberirdisch im Wald finden, als auch ihr „Wurzelwerk“, das so genannte Myzel sind aus den Hyphen zusammengesetzt. Für den Größenvergleich: Hyphen weisen in der Regel einen Durchmesser von zwischen 2μm und 10μm auf bzw. eine Länge von bis zu 100 μm. Pilze können im Gegensatz zu den Pflanzen keine Photosynthese durchführen, sie wandeln also nicht Licht und CO2 in Zucker und Sauerstoff um. Zucker ist für Pilze jedoch durchaus interessant, die Nahrungsaufnahme und Verdauung läuft dabei ähnlich wie bei uns im menschlichen Dünndarm. Enzyme helfen den Pilzen ihre Nährstoffe zu zersetzten. Die gelösten Stoffe werden durch die Membranen der Hyphen aufgenommen. Je mehr Hyphen vorhanden sind, desto besser kann der Pilzorganismus Nährstoffe aufnehmen. Dafür muss ein Pilz natürlich idealerweise ordentlich wachsen. Währ end Pflanzen mittels Zellteilung wachsen, haben die Pilze einen anderen Trick: Ihre Zellen werden an der Spitze einfach immer länger. In Wachstumsschüben wird die Spitze immer länger und kann rein theoretisch unendlich lang wachsen. Oberirdisch bekommen wir Waldbesucher davon oft dar nicht so viel mit, denn der Hauptteil der Pilze wächst unterirdisch.

Fruchtkörper: Nur die Spitze des Eisbergs

Tauschhandel im Erdreich

Das so genannte Myzel ist so etwas wie bei den Pflanzen das Wurzelwerk. Streng genommen zählt der Fruchtkörper, also das was wir im Spätsommer, Herbst so gerne ernten, auch zum Myzel. Zum Fruchtkörper kommen wir gleich noch. Jetzt erst einmal zu dem , was sich im Verborgenen abspielt also unter der Erde oder bei Baumpilzen im Holz, bzw. zwischen Rinde und Holz. Dieses für uns oft unsichtbare Pilzgeflecht kann oft Quadrat-Kilometergroß sein, ganz oft sehr zu Gunsten des Waldes.

Steinpilze sind wichtige Mykorrhiza-Partner

Hier im Verborgenen spielt sich nämlich ein reger Tauschhandel, sehr zum gegenseitigen Nutzen ab: Mykorrhiza. Mykorrhiza sind Vergesellschaftungen aus Baumwurzeln und dem Myzel der Pilze. Wurzel und Pilz gehen eine Symbiose ein: Da die Pilze zwar Zuckerliebhaber sind, jedoch weder Photosynthese betreiben können, noch über die nötigen Enzyme für eine  eigenständige Produktion von Kohlenhydraten verfügen, zapfen sie den Zuckersaft von den Baumwurzeln ab. Der Baum bekommt dafür Wasser und Nährstoffe wie Phosphat und Stickstoff geliefert. Der Baum erschließt sich dadurch über die extrem feinen Hyphen der Pilze Wasser- und Nährstoffquellen, die er selbst mit seinen Feinwurzeln nicht erreicht hätte. Der Pilz wirkt zudem als Kläranlage für den Baum. Das Wasser muss erst durch das Myzel des Pilzes, bevor es in den Baum gelangt. Dabei verbleiben Gifte, Schwermetalle und Radioaktive Stoffe im Pilz. Glück für den Baum, Pech für Pilzgenießer. Noch immer sind Pilze durch den Reaktorunfall in Tschernobyl mit Cäsium-137 radioaktiv belastet. In manchen Gegenden, vor allem Südbayern und dem Bayerischen Wald wird deshalb zu Mäßigung im Sammeln und Verzehr von Pilzen gemahnt. Bis zu 1.000 Becquerel pro Kilogramm Cäsium-137 wurde an manchen Orten an Strahlenbelastung bei Speisepilzen gemessen.

Die Wasserversorgung durch die Pilze, gefiltert oder nicht, unterstützt gerade in trockenen Zeiten die Bäume in Wachstum und Überleben. Anders herum formuliert: Geht es dem Baum gut, geht es den Pilzen gut, denn dann erhalten sie den ersehnten leicht verwertbaren Zucker. Bis zu einem Drittel der Zuckerproduktion eines Baumes erhält der Pilz für seine Lieferdienste an Wasser und Nährstoffen. Dieser unterirdische Basar vernetzt die Bäume eines Waldes, denn ein Pilz geht ein Tauschgeschäft mit mehreren umliegenden Bäumen ein. Dieses Tauschgeschäft spielt sich zwar im Dunklen ab, doch es ist ein Schwarzmarkt im großen Stil: Bis zu sechs Tonnen können die Hyphen wiegen, die in einem Hektar Wald (100 x 100 Meter) zu finden sind. Im Pilz-Darknet ist man dabei auf Zukunftsvorsorge und Nachwuchspflege bedacht: Kohlenstoffe werden von ausgewachsenen Bäumen teilweise an jüngere Bäume weitergereicht, sie hängen somit „am Tropf“ des Mutterbaums. Studien zeigen, dass dieser „Tropf“ für das Wachstum der Jungbäume überaus wichtig ist. Langfristig gesehen ist dieses auf den ersten Blick großzügige und soziale Verhalten für den Pilz von Vorteil. Er sorgt vor und zieht sich starke Mykorrhiza Junior-Partner groß.

Wood Wide Web?

Nicht nur als Versorgungsnetzwerk dient das unterirdische Pilzsystem. Über das „Wood Wide Web“ werden sogar chemische Botenstoffe zwischen den Bäumen verschickt. Vermenschlicht formuliert: Auf Grund der geänderten chemischen Zusammensetzung der Stoffe, die von kranken Stämmen ausgehen, werden die umliegenden Bäume über das Myzel der Pilze quasi „gewarnt“ beispielsweise bei einem Befall durch Schädlinge oder Schadpilze (z.B. Blattpilze). Die alarmierten Bäume erhalten somit eine Vorsprung und die Möglichkeit frühzeitig ihre Abwehrmechanismen hochzufahren.

Oberirdisch kaum zu sehen: Der Waldboden ist von einem Pilz-Darknet mit regem Stoff- und Informationsaustausch durchzogen

Wissen rettes Leben

Ungefähr tausend solcher Mykorrhiza Pilze sind in Mitteleuropa bekannt. Pfifferlinge, Edelreizker, Butterpilze, Steinpilze oder Trüffel gehören zu den beliebten Speisepilzen unter den Mykorrhiza Spezialisten. Wie bereits angedeutet, das was Pilzliebhaber sammeln ist nur die Spitze des Eisbergs. Nur ein kleiner Teil des Pilzes kommt als Fruchtkörper an die Erdoberfläche. Diese Fruchtkörper präsentieren sich uns besonders im Herbst in verschiedenen Farben und Formen, die es uns ermöglichen, sie auseinander zu halten. Eine genaue Pilzbestimmung kann dabei Lebenswichtig sein. Wer einen Gallenröhrling anstatt eines Maronenröhrlings in den Kochtopf wirft, wird den Irrtum schnell erschmecken. Weniger offensichtlich ist es bei Pilzen wie Pantherpilz und Perlpilz. Im Ärzteblatt steht nachzulesen, dass in den Jahren 2000 – 2018 insgesamt 4.412 stationäre Behandlungen verzeichnet werden mussten von Patienten mit Pilzvergiftung. In 22 Fällen endeten Irrtum oder Unwissenheit beim Pilzsammeln tödlich.

Welche Tipps helfen Ihnen als Pilzsammler tödliche Verwechslungen zu vermeiden?

Regel Nummer 1: Sammeln Sie immer nur solche Pilze, bei denen Sie sich todsicher sein können, dass es auch wirklich dieser Pilz ist. Alles was Sie nicht kennen, wo Sie sich nicht 100%ig sicher sind, lassen Sie stehen. Todsicher schont Ihnen dieses Vorgehen Leib und Leben.

Pilze bestimmen

Regel Nummer 2: Schauen Sie genau hin. Die meisten der Speise Pilze zählen zu den Lamellen- oder Röhrenpilzen, daneben gibt es noch ein paar Formen wie  Stachelpilzen, Schlauchpilze wie die Morcheln und Lorcheln, Becherlinge, Trüffel, Boviste, Korallenpilze oder ähnliches. All diese Pilze haben eine jeweils andere Form des Fruchtkörpers, besonders die Merkmale des Hutes unterscheiden sich. Lamellen, Röhren und Stoppel beschreiben die Art, wie die Hutunterseite eines Pilz-Fruchtkörpers aussieht. Lamellen werden auch als Blätter bezeichnet. Unter die Lamellen- oder Blätterpilze fallen alle Pilze, die von unten wie ein Champignon oder ein Fliegenpilz aussehen. Röhrenpilze haben keine radial verlaufenden Blätter sondern eine Schicht, die aus unzähligen Röhren, die dicht an dicht stehen und teilweise wie ein Schwamm aussehen. Daher kommt übrigens auch die Bezeichnung „Schwammerl“ für Pilze, die besonders im Süddeutschen Raum generell für alle Pilze gebraucht wird. Ein echter Schwammerl mit Röhren sind der Maronenröhrling, der Steinpilz, Birkenpilz, Rotkappe oder Satansröhrling. Neben Röhren und Lamellen zeigen manche Pilze Stacheln. Der Semmelstoppelpilz oder die Stachelbärte bilden an der Pilzunterseite ein Meer aus (weichen) Stacheln aus. Bei Morcheln und Lorcheln ähnelt der Hut einer Bienenwabe, er ist strukturiert und in Kammern aufgeteilt. Keulen- und Korallenpilze wiederum bilden stark verzweigte Fruchtkörper, die tatsächlich an Korallenformationen in tropischen Gewässern erinnern.

Pilze gibt es in allen Farben und Formen

Zur Bestimmung von Pilzen lassen sich also die Hutunterseite sowie Hutoberseite und –form  heranziehen. Ist er Hut ein Hut, wie bei den Schlümpfen oder bildet der Hut einen Becher, ähnlich wie bei Pfifferlingen, oder eine Kugel oder etwas ganz anderes? Welche Farbe und Struktur hat der Hut und wie sieht der Stiel aus? Hat der Stiel einen Kragen, eine Manschette, wächst ein Netz am Stiel, verläuft er parallel oder hockt er dickbauchig auf dem Waldboden? Welche Farbe hat er? Eindrucksvoll rot ist beispielsweise der Stiel des Satansröhrling. Fragen über Fragen, die es dringend zu klären gilt und zu guter Letzt entscheidet der Stielansatz über essbar oder giftig. Der Knollenblätterpilz ist wohl das  bekannteste Bespiel für Pilze mit einer Knolle am Stielansatz.

Pilze ernten

Hier sind wir auch schon bei der Frage angekommen, wie man Pilze idealerweise erntet. Früher gab es hitzige Diskussionen, man dürfe Pilze nur mit dem Messer abschneiden. Nein, man drehe sie heraus, da sonst zu viel Gewebe zerstört werden. Was ist jetzt richtig? Vermutlich ist es egal, ob der Pilz abgedreht oder abgeschnitten wird. Wichtig ist für Sie als Pilzgourmet, dass Sie alle Bestimmungsmerkmale des Fruchtkörpers in der Hand halten. Nach dem Abtrennen des Fruchtkörpers decken Sie idealerweise die Wuchsstelle mit Blättern oder Moos ab.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Menge der Pilze, die Sie sammeln und wo Sie sammeln. Dieser Punkt ist wichtig für den Wald, damit auch in Zukunft Pilze gedeihen. Prinzipiell dürfen Sie Pilze sammeln, egal ob es sich um einen privaten Waldbesitz oder öffentlichen bzw. staatlichen Wald handelt. Das Sammeln von Pilzen in geringer Menge für den privaten Bedarf ist entsprechend dem Bundesnaturschutzgesetz § 39 gestattet. Die erlaubte Menge bei Pilzen entspricht einem Gewicht von etwa zwei Kilogramm Pilzen. Im Naturschutzgebiet oder sonstigen geschützten Wäldern ist das Schwammerlsuchen leider nicht gestattet.

Vorsicht Gift

Wenn Sie fündig geworden sind, transportieren Sie ihre Schätze am besten in einem Korb oder einem Stoffsack. Plastiktüten mögen Pilze gar nicht, darin schwitzen sie und verderben schnell. Daheim in der Küche heißt es jetzt die Pilze putzen, dünsten, braten, kochen und fein gewürzt steht dem Pilzgenuss nichts mehr im Wege. Aber Achtung! Pilze und Pilzgerichte sollten Sie gut kühlen, wenn Sie diese längere Zeit nicht verzehren, ansonsten können sich beim langsamen Zersetzten der Pilze giftige Stoffe bilden. Wenn Sie alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben, steht einem Pilzragout mit einem Gläschen Wein nichts mehr im Wege. Wieder Stopp! Einige Pilze, wie Vertreter der Tintlinge,  sollte man nicht mit Alkohol kombinieren. Wenn wir Alkohol trinken, sorgt das Enzym Alkoholdehydrogenase für die Umwandlung des Alkohols in Acetaldehyd. Dieses Zwischenprodukt wird wiederum mittels des Enzyms Aldehyddehydrogenase in Essigsäure abgebaut, die wiederum zu Kohlendioxid und Wasser entschärft wird. Manche Pilze enthalten den Stoff Coprin, welcher die Wirkung dieser Enzyme hemmen. Dann wird Alkohol zwar in Acetaldehyd gewandelt, bleibt jedoch in Form dieses schädlichen Zwischenproduktes im Körper und sorgt im Körper für Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit oder Herz-Kreislauf-Störungen.

Vorsicht bei Tintlingen mit Alkohol

Kommen wir zurück zum Gift der Pilze. Wie bereits dargestellt wachsen im Wald Vertreter der Speisepilze und Exemplare, die in Comiczeichnungen gemeinhin mit grüner Totenkopfwolke abgebildet werden. Vergiftungserscheinungen beginnen weniger Minuten bis zu 24 Stunden nach dem Verzehr von Schwammerln. Dann kann es zu Übelkeit und Durchfall, Schweißausbrüchen, Herzrasen, Kopfschmerzen, Störungen des Nervensystems sowie Halluzinationen, Lähmungserscheinungen, Leberschäden und Ähnlichem kommen bis hin zu Ohnmacht, Koma oder Tod. Manche Pilze sind im rohen Zustand für uns unverträglich, sind nach dem Erhitzten jedoch unbedenklich, andere sind wiederum prinzipiell toxisch, egal ob warm oder kalt.  Durchaus nützlich war das Gift des Fliegenpilzes früher. Nicht umsonst hat der Fliegenpilz seinen Namen erhalten, er hat tatsächlich mit Fliegen zu tun. Der Pilz wurde zerkleinert in Milch eingelegt und in den Wohnräumen aufgestellt. Lästige Fliegen die an dieser Milch saugten, starben kurz danach.

Gesunde Hüte

Dabei sind eindeutig als solches identifizierte Speisepilze eine wertvolle Ergänzung auf unserem Speiseplan. Pilze enthalten für unseren Stoffwechsel essenzielle Spurenelemente wie Selen, Zink oder Mangan. Sie versorgen uns mit Eiweiß und  Vitaminen wie B-Vitamine, Vitamin C und D. Zwar sind viele Pilze auf Grund des Polysaccharids Chitin Gehalts ihrer Zellwände etwas schwerer verdaulich, wirken sich jedoch damit als Ballaststoffe positiv auf die Darmflora aus.

Speisepilze sind eine wertvolle und schmackhafte Bereicherung unseres Speiseplans

Auf die Sporen kommt es an

Eigentlich könnte es ja so einfach sein: Man sucht sich ein passendes Fleckchen Erde im Wald, besorgt sich im Internet ein paar „Pilzsamen“ und säht ein eigenes Pilzfeld an? Manche Pilze wie die die Austernpilze lassen sich relativ einfach zuhause züchten, doch nicht über Samen, denn im Reich der Pilze  funktioniert die Fortpflanzung über Sporen und damit ein wenig anders: Die verschiedenen Fruchtkörper Formen mit Lamellen, Röhren, Stacheln oder anderen Hohlräume und Poren dienen der Sporenbildung. Hier werden in den so genannten Basidien meist einzellige Sporen gebildet. Wieder andere Pilze (wie die Schimmelpilze) schnüren an der Spitze bestimmter Hyphen so genannte Konidien oder Konidiosporen ab. All diese Sporen werden durch die Luft verbreitet. Sobald eine Spore auf dem Waldboden landet, beginnt sie zu keimen. Das Besondere daran ist, dass Pilze prinzipiell in den meisten Fällen keinen Partner brauchen um sich fortzupflanzen. Neben der geschlechtlichen Fortpflanzung findet ein großer Teil der Vermehrung von Pilzen somit ungeschlechtlich statt. Dort, wo ein Pilz zu wachsen beginnt, breitet sich das Myzel kreisförmig in alle Richtungen aus. In den folgenden Jahren findet sich dann oft statt eines einzelnen Fruchtkörpers ein Ring aus Fruchtkörpern, ein so genannter Hexenring. Im Inneren des Hexenrings sind die Nährstoffe durch den Pilz weitgehend abgebaut, der Pilz entwickelt sich den nährstoffreichen Bereichen außen entgegen. Der Ring wird dadurch jedes Jahr ein wenig weiter und größer. Früher glaubte man, dass Hexen- oder Feenringe Versammlungsorte von Hexen oder anderen magischen Wesen waren.

Riesenpilz

Ringförmig oder einzeln stehend, Pilze können in ihrem Wachstum sehr erfolgreich sein. So verwundert es auch kaum, dass das größte bekannte Lebewesen der Welt ein Pilz ist. Im Malheur National Forest in Oregon wächst ein Hallimasch der mit einer Größe von 1200 Fußballfeldern, also etwa 9 Quadratkilometern. Der größte Teil des etwa 1500 Jahre alten Pilzes wächst natürlich unterirdisch. Sein Gewicht wird auf 100 Tonnen geschätzt. Entdeckt würde das gigantische Lebewesen, da junge Kiefern, die 1992 gepflanzt worden waren, allesamt durch den Hallimasch zum Absterben gebracht wurden. Untersuchungen des Erbgutes im Myzel des Pilzes brachten die Überraschung, dass das gesamte Areal von einem riesigen Pilzexemplar bewachsen ist. Dabei muss man für Mega-Exemplare gar nicht über den Ozean fliegen, auch in Graubünden, in der Schweiz findet sich ein Hallimasch der Größe von ca. 50 Fußballfeldern und einem Alter von über 1.000 Jahren.

Der Hallimasch besiedelt gleichermaßen lebendes und abgestorbenes Holz

Hallimasche befallen lebende und bereits abgestorbene Bäume. Im lebenden Baum dringen sie mit ihrem Myzel in den Bereich des Kambiums ein und blockieren als Parasiten den Wasser- und Nährstofftransport der Bäume. Der Pilz nutzt Wasser und Nährstoffe stattdessen selbst. Der Baum stirbt in der Folge ab. Besonders junge Nadelbaumkulturen sowie Bäume, die unter Trockenstress leiden können anfällig sein für einen Hallimaschbefall. Zudem wird durch den Hallimasch im Stamm eine Weißfäule ausgelöst, da der Pilz sowohl das Lignin, als auch die Zellulose im Holz zersetzt.

Problempilze

Auch weitere Pilze verursachen Fäuleschäden im Holz. Neben Weißfäule finden sich Pilze, die Braunfäule, Blaufäule oder Rotfäule verursachen, jeweils benannt nach der Farbe, welche das geschädigte Holz zeigt. Die Rotfäule bei der Fichte wird etwa durch den Gemeinen Wurzelschwamm verursacht und verursacht große finanzielle Schäden in Fichtenbeständen. Neben Pilzen im Holz von Bäumen finden sich verschiedene Schadpilze, welche Nadeln, Blätter oder Triebe befallen. In letzter Zeit kann man beispielsweise häufig die Auswirkungen des Eschentriebsterbens beobachten. Ganze Eschenbestände werden durch den aus Ostasien eingeschleppten Schlauchpilz Hymenoscyphus fraxineus zum Absterben gebracht. Zunächst dringt der Pilz über die Blätter in die Eschen ein und verbreitet sich von dort auf die Triebe. Hier bringt er das Rindengewebe der Zweige und Äste zum Absterben.

Abgestorbene Esche nach Eschentriebsterben

Die Blätter vertrocknen und sind dunkel verfärbt am Boden zu finden. Auch im Holz der Eschen wird der Pilz sichtbar anhand braun-grauer Verfärbungen. Weitere bekannte Erkrankungen an Bäumen, die durch Pilze hervorgerufen werden sind verschiedene Mehltaue, Rußrindenkrankheit am Ahorn, Wurzelhalsfäule an der Erle, „Sudden oak death“ alias Phytophthora ramorum an der Eiche, der Zunderschwamm an Laubbäumen als Schwächeparasit, Rostpilze an Blättern und etliche andere.  

Berg-Ahornblätter mit Teerfleckenkrankheit (Pilz Rhytisma acerinum)

Recycling-Unternehmen

Doch eigentlich und in der Regel sind Pilze sympathische Zeitgenossen: Hüsch anzuschauen und für den Wald lebensnotwendig. Nicht nur die bereits angesprochene Symbiose zwischen Waldbäumen und Pilzen hilft dem Wald. Pilze arbeiten als Recyclingunternehmen im Wald. Als so genannte Destruenten bauen Pilze organische Stoffe ab.

Zunderschwamm an Totholz

Sie zersetzen Blätter, abgestorbene Äste und Stämme und anderes Pflanzen- und Tiermaterial. Dabei werden wichtige Stoffe remineralisiert und als anorganische Materialien wieder zur Verfügung gestellt. Dort wo Pilze am Werk waren, finden Bäume und Pflanzen wieder frisches Substrat, gelöste Minteralien, um dort wachsen zu können. Wenn Sie an einem Totholzstamm ansprechende Fruchtkörper von Porlingen oder Baumschwämmen, also klassische Baumpilze finden, dann können Sie sich sicher sein, dass im Inneren fleißig zersetzt wird, je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit etwas langsamer oder schneller.

Auch an alten Baumstümpfen wird fleißig zersetzt

Ein gutes Schwammerljahr?

Apropos Temperatur und Luftfeuchte: Pilze mögen es gerne feucht und mäßig warm. Die idealen Bedingungen für das Schwammerlsuchen sind eine hohe Luftfeuchte auf Grund länger anhaltenden leichten Regens (70%) sowie Temperaturen zwischen 10 und ca. 20 Grad. Ein verregneter und dennoch warmer Sommer kann somit ein gutes Pilzjahr mit sich bringen, dann schießen die Pilze angeblich regelrecht aus dem Waldboden.

Zum Schluss deshalb noch ein kurzer Pilz-Witz:

Treffen sich zwei Schnecken im Wald. Eine hat ein blaues Auge.

Fragt die andere: „Was ist dir denn passiert?“

Erklärt die eine: „Ich bin mit Vollgas zwischen den Bäumen durchgeschleimt. Plötzlich schießt vor mir ein Pilz aus dem Boden und ich konnte nicht mehr bremsen.“

Passen Sie also auf Pilze auf, sie können gefährlich sein. Doch wer sich mit ihnen auskennt weiß, wie wichtig sie für den Lebensraum Wald sind.