Schwarz-Weiß und Baum des Jahres 2023
Die Birke
Es wächst wohl auf der Heide
Und in des Waldes Raum
Ein Baum zu Nutz und Freude,
Genannt der Birkenbaum.
Die Schuh, daraus geschnitzet,
Sind freundlich von Gestalt.
Wohl dem, der sie besitzet,
Ihm wird der Fuß nicht kalt.
Es ist die weiße Rinde
Zu Tabaksdosen gut,
Als teures Angebinde
Für den, der schnupfen tut.
Man zapfet aus der Birke
Sehr angenehmen Wein,
Man reibt sich, dass es wirke,
Die Glatze damit ein.
Dem Birkenreiserbesen
Gebühret Preis und Ehr;
Das stärkste Kehrichtwesen,
Das treibt er vor sich her.
Von Birken eine Rute,
Gebraucht am rechten Ort,
Befördert oft das Gute
Mehr als das beste Wort.
Und kommt das Fest der Pfingsten,
Dann schmückt mir fein das Haus,
Ihr, meine liebsten Jüngsten,
Mit Birkenzweigen aus.
Wilhelm Busch
In dieser Folge der Waldseiten geht es um den Baum des Jahres 2023 die Moorbirke, um ihre Artverwandte die Sandbirke und Birken im Allgemeinen.
Die Birke ist eine weitverbreitete Baumart. Weltweit gibt es über 100 verschiedene Birkenarten. Sie fühlt sich wohl in den gemäßigten Klimazonen der Nordhalbkugel, von Nordamerika über Europa bis nach Asien. Bei uns in Deutschland sind vier verschiedene Birkenarten heimisch: Die Moorbirke (Betula pubescens), die Sand- auch Hängebirke genannt (Betula pendula), die Zwergbirke (Betula nana) und die Strauchbirke (Betula humilis).
Birk, Birke, Birka
Die Birken sind nicht nur die Baumart, die bereits die kleinen Kinder auf Grund ihrer hellen Rinde gut erkennen können, die Birke hat es bis in die Liste der Vornamen geschafft. „Birke“ oder „Birka“ sind die weiblichen Formen des Namens. „Birk“ – die männliche Form – kennen alle Fans von Astrid Lindgrens „Ronja Räubertochter“. Hier ist der junge Birk der Sohn des verfeindeten Räuberhauptmanns Borka und später natürlich der unzertrennliche Freund Ronjas. Bei uns sind Birk und Birke eher seltenere Namen, aber mit einer schönen Wortbedeutung. Birke (sowohl der Baum als auch der Name) stammt ab vom indogermanischen Wort “ bhereg“ und ist gleichbedeutend mit „hell“ oder „leuchtend“. Ganz ähnlich – da vom gleichen Wortstamm abgeleitet – klingen auch das lateinische „betula“, das griechische „βερέκυνα“ (berekyuna) oder sogar im Altindischen Sanskrit wurde die Birke als „भुर्ज“ (bhurja) gerufen. Das „hell“ und „leuchtend“ bezieht sich auf die Rinde, welche von Weitem auf Grund ihrer hellen bzw. weißen Färbung erkennen lässt.
Das Geheimnis der weißen Rinde
Und damit klären wir gleich die Frage: Was hat es mit der besonderen, weißen Rinde der Birke auf sich? Der Hauptgrund für die weiße Farbe der Birkenstämme liegt im chemischen Stoff „Betulin“. Besonders in den äußeren Schichten der Rinde reichert sich das wachsartige Triterpen Betulin an. Einen Anteil von bis zu 40% macht das Betulin in der äußeren Korkschicht aus. Es schützt die Rinde vor Feuchtigkeitsverlust, Schädlingen und dank seiner antibakteriellen Wirkung vor Krankheiten. Gleichzeitig verhindert die Weißfärbung durch das Betulin das Eindringen von schädlicher Strahlung wie UV-Licht.
Die weiße Rinde und ihre überaus effiziente Lichtreflektion sind für die Überlebensfähigkeit des Baumes etwa in seiner freistehenden Funktion als Pionierbaumart von großem Vorteil. Gerade im Sommer wird die direkte Sonneneinstrahlung zurückgeworfen und damit die Baumtemperatur reduziert. Der Baum verliert so weniger Wasser durch Verdunstung und stabilisiert damit selbst bei heißen Temperaturen seinen Wasserhaushalt.
Moor oder Sand – das ist hier Frage
Die Helle Rinde haben die verschiedenen Birkenarten gemeinsam. Wer die beiden Haupt-Birkenarten Deutschland unterscheiden möchte, also Betula pendula, die Sandbirke, und Betula pubescens, die Moorbirke, der kann sich beispielsweise an der Wuchsform orientieren. Die Sand- oder Hängebirke zeigt sich in einem offenen Wuchs mit oft herabhängenden Zweigen, während die Moorbirke einen buschigeren Wuchs in der Kronenform zeigt, die einzelnen Zweige hängen deutlich weniger. Die Blätter der Moorbirke sind etwas runder, kleiner und anfangs leicht behaart. Die Sandbirke hingegen zeigt von Anfang an glattere und meist größere Blätter, die stärker rautenförmig und spitzer sind.
Hinsichtlich des Standorts unterscheiden sich die beiden Birkenarten ebenfalls. Die Sandbirke bevorzugt trockenere Böden mit wenig Nährstoffen, während die Moorbirke gut mit feuchten und leicht sauren Böden zurechtkommt. Übrigens können sich die beiden Arten auch vermischen, also Hybride bilden. Dann ist auch anhand der äußeren Erkennungsmerkmale eine eindeutige Unterscheidung teilweise schwierig.
Pioniere im Trockenen und Feuchten
Wie schon angesprochen zählen die Birken zu den Pionierbaumarten. Pioniere zeichnen dich dadurch aus, dass sie in der Lage sind zunächst unwirtliche z.B. magere oder trockenere Standorte zu besiedeln. Dabei sind sie besonders anpassungsfähig beispielsweise an extremere Witterungsbedingungen und zeichnen sich durch relativ schnelles Wachstum aus. Pionierbaumarten spielen eine wichtige Rolle bei der Ökosystementwicklung: Als Erstbesiedler bereiten sie den Boden und das Kleinklima für nachfolgende Baumarten vor, die sich nach der Vorarbeit der Pioniere ansiedeln können. Beispielsweise sind Pionierbaumarten die Ersten, die nach Naturkatastrophen oder Bränden in einem Gebiet auftreten oder aber auch auf verlassenen vormals industriell genutzten Flächen wie z.B. Abbauflächen von Kies , Braunkohle, o.ä.
Ein schönes Beispiel bietet auch der Nationalpark Bayerischer Wald. In den 80er Jahren kam es hier in Folge der Stürme Vivian und Wiebke zu einem starkem Borkenkäferbefall und dem großflächigen Absterben der Fichten. Zunächst wurden die vom Sturm geworfenen Bäume durch die Käfer befallen, in den Folgejahren 1986 und 87 stehende Bäume massenhaft durch die Borkenkäfer befallen und vernichtet. Zurück blieben kahle Flächen mit Freilandbedingungen, also Licht, Strahlung, Wind und Niederschlag beeinflussten nun stark den nun schutzlosen Waldboden. Im Sommer wechselten heiße und trockene Tagesstunden mit kühlen Nächten und damit starken Temperaturschwankungen. In dieser unwirtlichen Umgebung schaffen es nur wenige Baumarten sich zu behaupten, wie etwa die Vogelbeere, Weidenarten oder die Sand- sowie die Moorbirke. Nach dem Ansiedeln dieser Pioniere, ändern sich Klima und Boden wieder. Der Feuchtigkeit wird wieder gehalten, Sonne erreicht nicht mehr ungefiltert den Boden. Der Wind und Temperaturextreme werden abgeschwächt und Nährstoffe verbleiben an Ort und Stelle. Birke und Co bereiten den Boden für empfindlichere Baumarten, die jetzt in ihrem Schutz wachsen können und die durchstarten, sobald der Zahn der Zeit Lücken in den Reihen der Pioniere öffnet.
Die Birke kann ihre Rolle als Pionierbaumart deshalb so hervorragend erfüllen, da sie als Lichtbaumart Standorte mit guter Sonneneinstrahlung bevorzugt. Auch kalte Winter sind für die widerstandsfähige und frostharte Birke kein Problem. So ist sie bis weit in die nördlicheren Regionen hin zu finden.
Ihre Flugsamen legen weite Strecken zurück, dort wo sie ankommen fasst die Birke oft auch Fuß, je nach Birkenart oder genetischer Veranlagung egal ob im feuchten oder trockenen Terrain oder zuweilen sogar auf dem Dach mancher Häuser.
Für die nachrückenden Baumarten von großem Vorteil ist die Fähigkeit der Birke Stickstoff aus der Luft aufzunehmen und in den Boden einzubringen, die Birke düngt quasi ihre Umgebung. Gleichzeitig haben Forscher des IGB und vom Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) herausgefunden, dass die Birke helfen kann, Böden zu sanieren. Industrielle Schadstoffe wie Mikroplastik sowie und Schwermetalle werden von Betula pendula, der Sandbirke dem Erdreich entzogen und in ihrem Gewebe gespeichert. Hier kommen wiederum Mikroben zum Einsatz, welche in der Folge die Schwermetalle und Mikroplastikpartikel abbauen. Auch hier erweist sich die Birke als idealer Helfer.
Holz: Möbel, Spielzeug, Sperrholz
Doch die Birke hat noch weitere Vorzüge. Das Holz der Birke ist hell, cremefarben bis gelb, teilweise mit einem braunen Farbkern. Gerne wird Birkenholz für Möbel genutzt, sei es als Vollholz oder als attraktives Furnier. Nicht nur im schwedischen Möbelhause findet man Stühle, Tische, Schränke oder Regale denn Birkenholz ermöglicht eine helle, leichte und gleichzeitig moderne Raumgestaltung in Holz. Seine feine Maserung, teilweise sogar mit schillernden Spiegeln, kommt auch bei gedrechselten Kunstwerken oder Spielzeugen zur Geltung und ebenso beliebt ist Birke als leicht schimmerndes Fußbodenparkett.
Als Bau- und Konstruktionsholz wird die Birke häufig zu Sperrholz verarbeitet. Hier ist es beliebt, da es besonders leicht ist. Sperrholz aus Birkenholz wird in verschiedenen Bauanwendungen, bei der Möbelherstellung oder beispielsweise für Bastelprojekte verwendet. In Gebäuden bekommt die Birke als Laubholz-Brettschichtholz ein zweites Leben. Von Vorteil ist, dass diese Brettschichthölzer aus Birke (oder anderen Laubhölzern) schlankere tragende Konstruktionen ermöglichen, als beispielsweise mit Fichtenholz möglich wäre.
Klangstark zeigt sich das Holz der Birke im Instrumentenbau, wenn es etwa als Pianohammerstiele Klaviersaiten zum Schwingen bringt. Birkenholz sorgt außerdem für einen guten Sound diversen Percussion-, Schlag- und Klanginstrumente z.B. Cajon, Shakern, Klangstäben, Xylofone aber auch Gitarren und ähnlichen Instrumenten.
Weniger gut geeignet ist die Birke im Außenbereich, vor allem wenn sie direkten Witterungseinflüssen ausgesetzt ist. Im Vergleich zu anderen Holzarten schwächelt sie in Sachen Widerstandsfähigkeit gegenüber Feuchtigkeit, Pilzen und UV-Einstrahlung. Im Zusammenspiel mit Wasser oder Feuchtigkeit quillt das Holz auf, verformt sich, wird rasch von Pilzen befallen und verrottet relativ schnell.
Ötzis Kohlebehälter
Diese Zersetzungsprozesse lassen sich auch im Wald gut beobachten. Immer wieder findet man hier Birkenstämme, die außen scheinbar intakt sind, doch im Innenleben bereits als morsche Heimat für Insekten, Pilze und andere Kleinstlebewesen gedient haben. Am längsten bleibt die weiße Rinde.
Diese weiße Rinde wurde seit jeher von den Menschen genutzt, etwa für die Herstellung von Behältern verschiedenster Art. So wurden etwa beim Steinzeitmenschen Ötzi zwei Behälter aus Birkenrinde gefunden. In diesem ultraleichten Reisegepäck führte er unter anderem in ein Ahornblatt eingewickelt ein Stück glühende Kohle mit sich und damit die Möglichkeit Feuer zu entfachen. Für die Behälter wurde vermutlich die Rinde von der Birke geschält. Der so erhaltene Zylinder aus Birkenrinde wurde mit Lindenbast zusammengenäht und mit einem Rindenboden versehen.
Birkenrindentexte des Mittelalters
Auch als Papierersatz wurde die weiße Rinde der Birke eingesetzt. Über die ganze Nordhalbkugel verteilt lassen sich jahrhunderte-alte Dokumente auf Birkenrinde finden. Ein Beispiel hierfür sind die Birkenrindentexte aus Nowgorod. Hier ist eine Sammlung von über 1200 Texten aus dem 11. bis 15. Jahrhundert auf Birkenrinde erhalten. Bei den Schriften auf Birkenrinde handelt es sich vor allem um private Korrespondenzen, um Mitteilungen, Rechnungen und die Dokumentationen von Gerichtsbarkeit und Straffällen. Die Birkenrindentexte geben damit einen seltenen Einblick in den Alltag der Handwerker, Händler und Künstler einer mittelalterlichen Stadt in Russland.
Zunder und Brennholz
Von der Frühzeit bis heute wurde und wird die Birkenrinde außerdem als hervorragender Zunder-Ersatz beim Feuermachen verwendet. Das in der Birkenrinde enthaltene Betulin brennt hervorragend und begünstigt so das Feuermachen, wie ein natürlicher Brandbeschleuniger. Zudem lässt sich die Birkenrinde vergleichbar klein zerfasern, optimal für die Luftzufuhr und den Weg vom Funken zur Flamme. Um Birkenzunder zu sammeln, zieht man feine Streifen der weißen Ringelborke ab, idealerweise von liegenden Stämmen, um einem lebendigen Baum nicht zu schaden.
Apropos brennen, auch als Kamin- und Feuerholz wird die Birke gerne genutzt. Im Vergleich zu Buchenholz hat die Birke mit 1900 kWh pro m³ zwar einen geringeren Brennwert (Buche 2100 kWh pro m³) und ist damit weniger effizient, Birke lässt sich jedoch leichter entzünden, strahlt mit einem ansprechenderem Flammenbild mit geringem Funkenflug und wird von Kaminfreunden auf Grund ihres angenehmen Duftes geschätzt. Außerdem erzeugt Birkenholz beim Verbrennen weniger Ruß und Rückstände als einige andere Holzarten. Das bedeutet, dass der Kamin oder die Feuerstelle leichter sauber zu halten ist.
Heilsam für Haut und Haare
Kommen wir zur Heilwirkung der Birke. Die Birke wird in der Naturheilkunde u.a. als entzündungshemmend, wundheilungsfördernd, antibakteriell, antiviral und antitumoral beschrieben. Auf Grund ihrer harntreibenden Eigenschaften, hilft ein Tee aus Birkenblättern bei Blasenentzündung. Die Flavonoide der Birkenblätter werden außerdem gegen Rheuma und Gicht eingesetzt. Linderung verschafft die Birke auch wenn es juckt, etwa bei Schuppenflechte. In diesem Fall kann eine Salbe mit den Inhaltstoffen der Birkenrinde Besserung bescheren.
Das Betulin, bzw. die Betulinsäure der Rinde hat in den letzten Jahren das Interesse von Forschern auf sich gezogen, da sie sich als vielversprechendes Molekül in der Krebsforschung erwiesen hat. Studien zeigen, dass Betulinsäure eine wachstumshemmende Wirkung auf bestimmte Krebszellen haben kann, darunter Brustkrebs, Prostatakrebs, Lungenkrebs und Hautkrebs. Es wird untersucht, wie Betulinsäure in den programmierter Zelltod von Krebszellen eingreifen und damit hoffentlich künftig für Krebstherapien eingesetzt werden kann. Zudem wurde Betulin bereits in Medikamenten gegen Entzündungen, Malaria, Adipositas, HIV und mehr untersucht und eingesetzt.
Bekannt ist die Birke auch in haariger Angelegenheit. Haarwasser aus Birke soll zu schönerem Volumen, glänzenden Haaren und weniger Schuppen führen. Dazu wird das Haarwasser nach der Wäsche ins feuchte Haar einmassiert. Sogar Haarausfall soll durch das Birkenhaarwasser gestoppt werden. Ob die erwünschte Wirkung jedoch von der durchblutungsfördernden Massage oder den heilsamen Inhaltsstoffen der Birke kommt, ist wissenschaftlich nicht eindeutig belegt.
Wer selbst ein solches Haarwasser ansetzen möchte, lässt ca. 100g Birkenblätter (idealerweise im Frühjahr geerntet, da am reichhaltigsten an Wirkstoffen) für drei Wochen in 40% igem Alkohol ziehen (z.B. Doppelkorn oder Wodka). Für den besseren Geruch fügen Sie wenige Tropfen Duftöl hinzu oder fügen dem Elixier duftende Kräuter wie Lavendel oder Rosmarin bei. Die Flüssigkeit kann auch mit Birkensaft vermengt werden.
Birkensaft
Birkensaft wird – ähnlich dem Prinzip des Ahornsirups – im Frühjahr (April) aus den Stämmen stehender Birken abgezapft. Wenn das Blattwachstum beginnt und somit der Saftfluss der Birke im vollen Gange ist, kann dieser Saft „geerntet“ werden. Bis zu 10 Liter Birkensaft lassen sich einer ausgewachsenen Birke entnehmen. Wer eine ausgewachsene Birke im Garten oder sogar dem eigenen Wald hat, kann das selbst ausprobieren. Dazu bohren Sie von schräg unten ein ca. 0,5 bis 1cm großes Loch etwa 3-4cm tief in die Birkenrinde. In dieses Loch stecken Sie ein Röhrchen (z.B. Stohhalm) oder einen dünnen Schlauch (lebensmittelecht/Silikon) und darunter einen Auffangbehälter. Entnehmen Sie bei diesem „Aderlass“ jedoch nur wenig Saft, um dem Baum nicht zu schaden. Nach der Ernte verschließen Sie das Loch am besten mit einem kleinen Korken. In die Verletzung des Baumes können ansonsten Pilze, Krankheitserreger und Insekten eindringen. Jede Verletzung der Rinde ist zugleich ein Risiko für den Baum, zumal die Birke relativ lange braucht, solche Verletzungen zu schließen. Der Birkensaft enthält verschiedene Aminosäuren, Mineralien, Enzyme, Proteine, das bereits angesprochene Betulin und ist reich an Vitamin C. Nicht nur äußerlich an den Haaren sondern auch innerlich als erfrischendes und gesundes Getränk können Sie diesen Birkensaft nutzen. So soll Birkensaft heilsam für den Darm wirken und den Körper entschlacken. Natürlich ist Birkensaft auch im Handel erhältlich, z.B. in der Drogerie oder Reformhäusern.
Klebrig seit der Steinzeit
Eine ziemlich klebrige Nutzung der Birke soll hier nicht vorenthalten bleiben: Birkenpech. Der älteste nachgewiesene Klebstoff der Geschichte wurde aus Birkenrinde hergestellt. Bereits die Neandertaler verfügten über das Können, diesen Kleber zu erzeugen. Dafür war die erstaunliche Fähigkeiten notwendig, etwa die Temperatur von Feuer zu kontrollieren. Für die Herstellung von Birkenpech mussten die Neandertaler wissen, wie man Temperaturen zwischen 340 und 370 Grad Celsius erzeugt und hält. Zudem brauchten sie feuerfeste Behältnisse zum Auffangen des Teers. Um Birkenpech zu erzeugen, muss Birkenrinde unter Ausschluss von Luft verschwelt werden.
Dazu wurde die Birkenrinde unter glühende Kohle bzw. ein heißes Feuer gelegt. Das in einer Art trockenen Destillation gewonnene Pech tropfte dann einen Auffangbehälter. Wissenschaftler der Universität Leiden experimentierten im Jahr 2017, wie Birkenpech vermutlich hergestellt wurde und wieviel Pech erzielt werden konnte. Im erfolgreichsten Experiment erreichten die Forscher 10g Birkenpech pro 100g Birkenrinde.
Um auf den Steinzeitmenschen Ötzi zurückzukommen, auch bei ihm wurden Pfeilspitzen gefunden, die mit Birkenpech am Schaft befestigt waren. Auch in späteren Zeiten wurde Birkenpech verwendet, etwa für den Schiffsbau und das Abdichten der Planken oder die Herstellung von Werkzeugen und Waffen. Auf Wunden aufgetragen soll Birkenpech zu einer schnelleren Heilung führen.
Heimat für Groß und Klein
In erster Linie ist die Birke aber natürlich eine wesentliche Baumart in unserer Natur und Naturlandschaft. An Birkenarten wurden etwa 500 verschiedene Insektenarten festgestellt, die an der Birke phytophag also pflanzenfressend oder xylobiont also holzbewohnend und zersetztend leben. Dazu gehören etwa 160 Groß- und 115 Kleinschmetterlingsarten, 106 Käferarten und viele mehr bis hin zu 18 verschiedenen Blattläusen. Der seltene Schmetterling „Trauermantel“ verdankt etwa seine Verbreitung bis nach Japan, dem euro-asiatischen Vorkommen der Birkenarten, dabei ist er der einzige Tagfalter, dessen Raupen an der Birke fressen. Zu den Vertretern der Käfer an der Birke zählen etwa die seltenen Arten Großer Birkenprachtkäfer und Kleiner Birkenprachtkäfer oder der Birkensplintkäfer. Die Samen der Birke sind für verschiedene Kleinvögel eine wichtige Nahrung wie z. B. den Erlenzeisig. Höhlen in Birkenstämmen bieten Heimat für Spechtarten oder Meisen, wie die Sumpfmeise.
Zwei Tierarten sind sogar explizit nach der Birke benannt: die Birkenmaus und das Birkhuhn. Die Waldbirkenmaus ist eines der seltensten Säugetiere in Deutschland. Die kleine Springmaus wiegt nur ca. 10-11g und ist gut erkennbar an ihrem dunklen Strich auf dem Rücken. Ihren Namen bekam sie, da ihr Lebensraum überwiegend Moor-Birkenwälder sind. Hier schläft sie tagsüber beispielsweise in Baumhöhlen, während sie in der Dämmerung und Nacht auf die Suche nach Früchten und Beeren, Samen und grünen Pflanzenteilen geht, aber auch tierische Nahrung wie Insekten, Heuschrecken oder Larven gehören auf den Speiseplan der Birkenmaus. Überaus sympathisch ist das Schlafverhalten des kleinen Nagers, die sieben bis acht kalten Monate von Herbst bis Frühling verschläft die Maus einfach.
Der Moorbirkenwald
Nicht nur für die Birkenmaus, ganz allgemein als Lebensraum nimmt der Moorbirkenwald eine besondere Bedeutung ein. Der Moorbirkenwald bildet einen einzigartigen Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Zahlreiche Vogelarten nutzen die dichten Büsche und Bäume als Nistplätze und Nahrungsquelle. Insekten, wie Schmetterlinge und Bienen, finden hier reichlich Nahrung. Besonders wegen ihrer wichtigen Rolle in Sachen Kohlenstoffbindung sind Moore und Moorwälder in den letzten Jahren in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt.
Moore sind effiziente Kohlenstoffspeicher, und die Moorbirken tragen dazu bei, diesen Prozess zu unterstützen. Sie tragen dazu bei, Kohlenstoff im Boden zu halten, der atmosphärischen Kohlendioxidgehalt wird dadurch eingedämmt. Birken und Kiefern, aber auch die Eberesche sind vorherrschende Baumarten im Moorwald. Die Moorbirke, ist etwas ganz besonderes: Sie kommt mit den extremen Voraussetzungen der Moorstandorte zurecht, wie etwa sauren, feuchten Böden mit einer geringen Nährstoffversorgung. Interessant ist hier die Eigenschaft der Moorbirke, überschüssiges Wasser aufzunehmen und somit zur Wasserregulierung in feuchten Ökosystemen beizutragen.
Baum des Neubeginns
Zuletzt noch ein kurzer Blick auf die Mythologie der Birke. In der keltischen Mythologie gilt die Birke als Baum des Anfangs und der Reinigung. Sie ist einer der ersten Bäume, die im Frühling blüht (bei Allergikern gut bekannt) und austreiben, und ihre helle Rinde und ihr zartes Laub stehen für Erneuerung und Hoffnung. Menschen, die mit der Birke in Verbindung gebracht werden, sollen ähnliche Eigenschaften verkörpern – die Fähigkeit, aus schwierigen Situationen gestärkt hervorzugehen und neue Chancen zu nutzen.
Zusammenfassend ist die Birke eine der Baumarten, mit der wir Menschen tief verbunden sind. Holz und Rinde kommen seit je her in vielfältiger Weise bei uns zum Einsatz. Ihr frisches Grün steht für das Leben – nicht umsonst werden die Straßen bei der katholischen Fronleichnamsprozession mit jungen Birken dekoriert. Ihre weiße Rinde und ihr lockerer, bei der Sandbirke hängender Kronenwuchs, prägen unsere Landschaften, besonders ansprechend als schwarz-weiße Pioniergesellschaften. Die Birke ist Weg- und Bodenbereiter für andere Baumarten, wichtiger Lebensraum für Pilze, Insekten, Vögel und Säuger und als Baum des Jahres 2023 eine spannende Klima- und Zukunftsbaumart.
Related Posts