Wurzelwerke

Wurzelwerke


Der Beitrag als Podcast


Wie des Waldes Wurzeln wachsen

„Auch das kleinste Ding hat seine Wurzel in der Unendlichkeit,

ist also nicht völlig zu ergründen.“

In diesem Beitrag der Waldseiten wird die Wurzel ergründet, es geht um Herzwurzeln, Pfahlwurzler, Pilze und schnorchelnde Bäume. Woran denken Sie beim Thema Wurzeln?

Manch einer denkt bei „Wurzel“ mathematisch. Das mathematische „Wurzelziehen“ kommt von der Idee, dass man zum Ursprung einer Zahl zurückkehrt, beispielsweise, wenn man diese zuvor quadriert hat. Die Wurzel mag aus mathematischer Sicht der Ursprung einer Zahl sein –  ebenso ist die Wurzel botanisch gesehen so etwas wie der Ursprung der Pflanze. Nach dem Keimen eines Samens, bilden sich zunächst die Wurzeln aus und sichern die Versorgung der jungen Pflanze, bevor sich der Spross mit den Keimblättern nach oben ans Tageslicht schiebt.

Grob, schwach, fein

Vielleicht denken Sie an umgefallene Bäume im Wald. Wenn der Sturm einen Baum umwirft, brechen die Wurzeln aus dem Erdreich heraus und das, was sonst im Verborgenen liegt, kommt zum Vorschein. Dabei werden die Wurzeln mit ihren verschiedenen Dicken freigelegt: Starkwurzeln über 5cm Dicke, Derbwurzeln bis 5cm, Grobwurzeln bis 2cm. Unter 5 Millimeter spricht man von Schwachwurzeln, alles unter 2 Millimetern zählt zu den Feinwurzeln. Feinwurzeln tragen vorwiegend zur Wasser- und Nährstoffversorgung des Baumes bei, die dickeren Wurzeln verankern den Baum außerdem.

Fein-, Grob- und Derburzeln an umgefallender Hasel


Aufgabenverteilung

Vielleicht ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass manche Wurzelstöcke imposant breit, dafür jedoch sehr flach sind. Andere Wurzeln bekommt man kaum aus dem Erdreich heraus, da hilft kein Ziehen und Zerren, die Wurzel sitzt fest, tief in den Boden versenkt. Baumwurzel ist eben nicht gleich Baumwurzel. Dabei erfüllen alle Wurzeln die gleichen Aufgaben: Wurzeln versorgen den Baum mit Wasser und Nährstoffen. Wasser und Nährstoffe werden aufgenommen und in Richtung Baumkrone geleitet. Gleichzeitig dienen Wurzeln als eine Art unterirdischer Speicher, als Vorratskeller des Baumes, in dem Wasser und Nährstoffe gespeichert werden. Außerdem produziert die „Fabrik“ des Wurzelwerkes für den restlichen Baum wichtige Hormone, chemische Abwehrstoffe, Enzyme, Farb- und Aromastoffe. Zu guter Letzt sorgen Wurzeln dafür, dass ihr Baum stabil stehen bleibt und nicht umfällt.

Wurzelarchitektur

Die Wurzeln erfüllen zwar die gleichen Aufgaben, dafür haben sich im Laufe der Evolution jedoch unterschiedliche Strategien herausgebildet, wie diese Aufgaben erfüllt werden: Beispielsweise gibt es Unterschiede in der Architektur der Wurzeln, ihrer Form. Im Wesentlichen lassen sich Bäume mit drei Wurzel-Hauptformen finden: Pfahlwurzler, Herzwurzler und Flachwurzler sowie jeweils Zwischentypen wie Flachwurzler mit Senkerwurzeln oder ähnliches. Dabei kann eine Baumart beispielsweise in der Regel ein Herzwurzler sein: Bei bestimmten Bodenvoraussetzungen kann diese trotzdem unter Umständen eine Pfahlwurzel ausbilden oder bei gegenteiligen eine Flachwurzel.

Pfahl-, Herz- und Flachwurzler


Pfahlwurzler

Pfahlwurzler werden auch Tiefwurzler genannt. Im Prinzip haben die Bäume eine starke Wurzel gebildet, die wie ein Pfahl von der oberen Bodenschicht nach unten in die Tiefe wächst. Die Pfahlwurzel funktioniert ähnliche einem Bodeneinschlag-Anker. So ein tief in der Erde verankert krallt sich die Wurzel fest in den Boden, die Bäume stehen stabil, auch beim stärksten Sturm. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Bäume sich aus tieferen Bodenschichten mit Wasser versorgen können, teilweise direkt vom Grundwasser. Die Bäume lassen ihre natürliche Wasserpumpe weit hinein in die Erde reichen, manchmal bis zu 10 Meter tief. Auch schwierige Standorte, dort wo es trockener und wärmer ist, können somit besiedelt werden. Sand, Karst, Schotter werden auf diese Weise gemeistert. Beispiele für Waldbäume mit einem Pfahlwurzelsystem sind die Eiche, Eibe oder die Kiefer und Lärche.

Herzwurzler

Ahorn, Buche, Birke und Linde oder Kastanie sind Beispiele für Herzwurzler. Die Wurzeln wachsen sowohl horizontal in die Breite, als auch senkrecht in den Boden hinab. Das Wurzelnetz schaut damit teilweise aus wie ein großes, unterirdisches Herz. Als Folge sind die Bäume gut im Boden verankert und gleichzeitig in der Lage, sich aus der Breite ebenso wie aus der Tiefe Wasser und Nährstoffe im Boden zu erschließen. Die Bäume sind in der Lage sich den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen: Ist der Boden feuchter und nährstoffreicher, bleibt das Wurzelwerk flacher. Sind die Bodengegebenheiten karger, wächst das Wurzelsystem in die Richtung/en, aus welcher der Baum ideal versorgt wird.

Flachwurzler

Bei der Beschreibung von Flachwurzlern (wie etwa der Fichte, Erle, Pappel und Weidenarten) ist immer wieder die Rede von „Tellerartigen“ Wurzeln. So ähnlich kann man sich das tatsächlich vorstellen: einen Teller mit einem Baum drauf. Je nachdem, wie groß der Teller ist, wie breit und wie hoch der Stamm ist und auf welcher Höhe des Stamms die Krone beginnt, also wie kopflastig das Ganze ist, je nachdem ist ein flachwurzelnder Baum mehr oder weniger Sturm-anfällig.

Dennoch haben sich diese Art von Wurzeln entwickelt, da sie Vorteile mit sich bringen: Über die flachen, in die Breite gehenden Wurzeln kommen die Bäume gut an die oberen, nährstoffreichen Bodenschichten heran. Regenwasser wird direkt von den Wurzeln abgefangen, bevor es im Boden versickert, ein großer Vorteil, wenn unter einer dünnen Humusauflage eine Felsenschicht ansteht. Die Wurzeln krallen sich an und über der Gesteinsschicht fest und holen sich teilweise regelrecht oberirdisch, was sie zum Leben brauchen. Verschiedene Flachwurzler (auch die Fichte) sind je nach Bodenbeschaffenheit auch in der Lage, mit Senkerwurzeln tiefere Erdschichten zu erschließen.

Flaches Wurzelwerk einer Fichte nach Sturmwurf


Flüssignahrung durch die Wurzel

Das Wurzelwerk wird auch dann flacher, wenn Bäume auf zu nassem Boden stehen: Je nasser der Boden, desto flacher die Wurzeln, denn auch Wurzeln müssen atmen. Bei zu viel Wassergehalt im Boden ertrinken manche Bäume regelrecht. Natürlich nicht alle, wenn Sie an die Bäume der Auenwälder oder an Moorlandschaften denken, dort kommen einige Baumarten wie die Erle, Birke oder Weidenarten recht gut mit Wasser zurecht. Andere Baumarten kommen bei zu viel Wasser regelrecht „ins Schwimmen“: Das hängt mit der Ernährung der Bäume über die Wurzeln zusammen: Ein Baum braucht zum Wachsen und Gedeihen Wasser, Mineral- und Nährstoffe, Licht, Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid (CO2). Damit ein Baum Nähr- und Mineralstoffe über den Wurzelsog aufnehmen kann, müssen diese in Wasser gelöst sein. Bäume stehen auf gut gemixte Nährstoff-Cocktails kann (z.B. Kalium, Calcium, Magnesium, Phosphor, Stickstoff), schön flüssig und nicht zu hochprozentig, geschüttelt, nicht gerührt.

Wurzelsog? Wenn oben in der Baumkrone über die Blätter Wasser verdunstet, kommt es im Wurzelbereich teilweise zu einem Unterdruck. Die Wurzeln beginnen Wasser und im Wasser frei bewegliche, gelöste Ionen bzw. Nährsalze einzusaugen. Damit eine Wurzel ihren Nährstoffcocktail zu sich nehmen kann, muss in den Zellen der Wurzel die Nährsalzkonzentration höher sein, als im Boden, Stichwort Osmose. Bei der wandert das Wasser von einem Bereich mit niedriger Nährstoffkonzentration (dem Boden) zu einem Ort mit hoher Nährstoffkonzentration (die Wurzel). Damit dabei nicht nur Wasser in die Wurzel gelangt, sondern auch die Nährsalze, setzt der Baum in der Zellmembran der Wurzeln spezielle Transportproteine ein, sogenannte „Carrier“. Die Aufgabe der „Carrier“ ist es, die Nährstoffe ins Innere der Wurzelzellen zu tragen, sie sind so etwas wie die „Sherpas“ der Wurzel. Diese Transportlogistik kostet den Baum Energie. Die Wurzel verbrennt dafür Kohlenhydrate: Die Wurzel atmet den im Boden verfügbaren Sauerstoff ein, wandelt Zucker aus der Blatt-Photosynthese in Energie für die Transportproteine um und atmet CO2 wieder aus.

Atmende Wurzeln

Dieser Vorgang wird von der Wissenschaft „autotrophe Respiration“ genannt. Je wärmer die Temperaturen sind, desto stärker fällt die Bodenatmung aus, mit Höchstwerten im Sommer. Außerdem nimmt der Gehalt an Feuchtigkeit im Boden darauf Einfluss. Zusätzlich scheiden die Feinwurzeln Kohlenstoff-Verbindungen aus, um Nährstoffe aus dem Boden besser aufnehmen zu können. Für alle, die für den Ausgleich ihrer CO2 Bilanz auf Bäume gesetzt haben: Keine Sorge, diese CO2 Freisetzung über die Wurzelatmung hat keinen Einfluss auf die positive Klimawirkung der Bäume.

Eine zu hohe Wassersättigung des Bodens führt zur Hemmung des Gastransports im Boden. Wird der Boden zu feucht oder maschinell stark verdichtet, ist für die Bäume zu wenig Sauerstoff im Boden verfügbar. Auf dauerhaft feuchten Standorten bilden die Bäume aus diesem Grund langfristig flachere Wurzelwerke aus, im Extremfall ertrinken sie. Dies ist dann der Fall, wenn sie keine Gelegenheit haben, sich durch entsprechendes Wurzelwachstum an die Standortbedingungen langsam anzupassen und die Baumart prinzipiell nicht für feuchte Standorte geeignet ist.

Schnorchelnde Wurzeln

Dass es Bäume durchaus schaffen, trotz hoher Feuchte im Boden Strategien zur Atmung zu entwickeln, beweisen etwa Moorstandorte. In Mooren haben Pflanzen oft größere Spaltöffnungen in den Wurzeln, um besser an den wenigen verfügbaren Sauerstoff heranzukommen. Spaltöffnungen, sind grob erklärt eine Art kleiner „Münder“ der Pflanzen und dienen dem Ein- und Ausatmen, dem Gasaustausch. Andere Baumarten wiederum reduzieren bei Überschwemmung ihren Stoffwechsel. Während der Überschwemmung benötigen sie dadurch kurzfristig weniger Sauerstoff. Andere Spezialisten bilden Stelzenwurzeln oder regelrechte Luftwurzeln aus, um aus dem Wasser heraus an Sauerstoff heranzukommen. Eine Besonderheit sind hier die Mangrovenwälder dieser Erde. Dabei sind Mangrovenwälder nochmal ein ganz eigenes Thema: Die etwa 70 Baumarten der Mangrovenwälder dieser Erde müssen nicht nur mit dem Thema Sauerstoffmangel zurechtkommen, sondern zusätzlich mit der stark erhöhten Salzkonzentration im Wasser. Die Bäume der Mangrovenwälder können das überschüssige Salz teilweise über ihre Blätter ausscheiden, teilweise bleibt das Salz in den Blättern als Zwischenlager, und wird zusammen mit den Blättern abgeworfen.

Mangrovenwald in Mexiko


Riesenteller und Klonwälder

Wie groß sind diese unterirdischen Versorgungsstationen der Bäume überhaupt? In der Regel sind die Wurzeln gerne breiter als die Baumkrone. Der Umfang des Wurzelwerkes ist meistens sehr viel größer als der Umfang der darüber liegenden Baumkrone. Untersuchungen aus der Schweiz haben gezeigt, dass das Wurzelwerk der Weißtannen bis in 10 Meter Entfernung vom Stamm gereicht hat.

Dass es noch sehr viel weiter und größer geht, zeigt ein berühmter Wald in den USA im Bundesstaat Utah. Auf 43 Hektar Fläche wächst dort der Pappelwald Pando. Das Besondere daran: Der Zitter-Pappelwald gilt als eines der größten Lebewesen der Erde, wenn nicht sogar als DAS größte Lebewesen. Alle Bäume entstammen dem Wurzelwerk eines gemeinsamen Mutterbaums. Dadurch sind alle Bäume über ihr Wurzelwerk miteinander zu einem riesengroßen, genetisch identischen Organismus verbunden.

Unterirdischer Tropf

„Über die Wurzeln miteinander verbunden“ ist ein spannendes Stichwort. Zwischen verschiedenen Bäumen kann es zu sogenannten Wurzelverwachsungen kommen. Über Wurzelverwachsungen und über Mykorrhiza sind viele Waldbäume – auch unterschiedliche Baumarten – unterirdisch miteinander verbunden. Über dieses System werden sowohl Nährstoffe, als auch chemische Informationen untereinander ausgetauscht. Das scheint so weit zu gehen, dass beispielsweise junge Bäume von so genannten Mutterbäumen unterirdisch mit Nährstoffen versorgt werden. Junge Bäume stehen im Waldbestand oft im Schatten und haben auf Grund geringerer Photosynthese-Abläufe eine schlechtere Nährstoffaufnahme. Die zusätzliche unterirdische Nährstoffversorgung hilft den jungen Bäumen über die harte Zeit und unterstützt sie dabei, groß und stark zu werden. Das gleiche System funktioniert stellenweise sogar bei kranken Bäumen, die über gesunde Nachbarbäume mitversorgt werden, Mykorrhiza sei Dank.

Mykorrhiza – Lebenspartnerschaft

Unter Mykorrhiza versteht man Wurzel – Pilz Gesellschaften. Pilze und Wurzeln gehen eine Lebensgemeinschaft ein, eine Symbiose, von der beide profitieren:

Willst du lieber Pilz diese Eichenwurzel zu der dir angetrauten Lebenspartnerin nehmen, deiner Eiche Wasser und Nährstoffe zukommen lassen und dafür von ihr Zucker erhalten, so antworte mit „JA“.

Mykorrhizza bedeutet ein Geben und Nehmen und wird manchmal sogar überlebenswichtig. Pilze können unter der Erde ohne Licht keine Photosynthese betreiben und verfügen zudem nicht über die nötigen Enzyme für eine eigenständige Produktion von Kohlenhydraten. Bäume hingegen können das. Die Pilze weben sich deshalb um die Wurzeln der Bäume und versorgen diese über ihr Myzel – ihr Pilzwurzelwerk – mit Wasser und Nährstoffen. Im Austausch erhalten sie von den Bäumen leicht verwertbare Zucker.

Das Myzel der Pilze besteht aus unzähligen feinen Hyphen, fadenförmigen Zellen. Diese fadenförmigen Zellen kommen im Gegensatz zu den Feinwurzeln eines Baumes in die allerkleinsten Poren des Waldbodens. Über Mykorrhiza wird die Reichweite eines Baumes (wie gut und wie weit er an Nährstoffe herankommt) deutlich verbessert. Auch in Jahren mit günstiger Nährstoff- und Wasserversorgung, in Jahren, in denen ein Baum nicht auf diese zusätzliche Reichweite angewiesen ist, wird diese Zweckehe aufrechterhalten. Bildlich gesprochen profitiert in diesen Jahren der Pilz. Der Baum sorgt jedoch dadurch vor, er sorgt für Versorgungssicherheit in mageren Jahren. Dann verfügt er ohne Anlaufzeit über ein funktionstüchtiges externes Zuliefersystem, das seine Versorgung bis zu einem gewissen Punkt aufrechterhält.  

Oben Fruchtkörper – unten Mykorrhizza


Wood wide web

Ein Mykorrhiza-Pilz ist nicht auf einen Baum begrenzt, sondern es handelt sich hier um ein vernetztes System zwischen den Bäumen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass über dieses vernetzte System aus Pilzmyzel zwischen den Waldbäumen chemische Botenstoffe ausgetauscht werden. Anschaulich wurde dieses Austauschsystem »Wood Wide Web« getauft. Die Ergebnisse aus verschiedenen Studien deuten darauf hin, dass sich Pflanzen beispielsweise bei Schädlingsbefall gegenseitig warnen könnten. Dieses System funktioniert über chemische Signalstoffe, die via Mykorrhiza von Baum zu Baum transportiert werden. Die anderen Bäume könnten auf die geänderten chemischen Stoffe der kranken Bäume reagieren und ihren eigenen Stoffwechsel entsprechend so anpassen, dass Bauminterne Verteidigungssysteme hochgefahren werden. Einiges deutet darauf hin, dass der Wald sich so gegenseitig „warnt“, die Forschung läuft. Übrigens einige dieser Pilze des Mykorrhizasystems kennen Sie vermutlich: Fliegenpilz, Steinpilz, Pfifferling können als bekanntere Vertreter aufgeführt werden.

Über Wurzelgeburten und neue Leben

Noch einmal zurück zum Pappelwald Pando: Alle Bäume stammen aus dem Wurzelwerk eines gemeinsamen Mutterbaums, es handelt sich hierbei um sogenannte Wurzelbrut. Manche Bäume besitzen die Fähigkeit, nicht nur aus den Samen auszutreiben, sondern auch aus so genannten Adventivknospen an ihrem Wurzelwerk nahe der Erdoberfläche. Im Wurzelwerk sind alle Informationen gespeichert, die einen Baum ausmachen. Manche Arten wie die Erlen, Pappeln, Weiden oder die Esskastanie bilden ohne äußere Störungen solche Triebe aus ihren Adventivwurzeln aus. Bäume in der unmittelbaren Nachbarschaft können somit genetische Zwillinge sein, aus einem gemeinsamen Wurzelwerk, wie die Pappeln von Pando.

Andere Bäume reagieren mit Wurzelbrut, wenn es zu massiven Störungen im Wachstum des ursprünglichen Baumes kommt. Wenn ein Stamm gefällt oder durch Wind gebrochen wurde, schaffen es bestimmte Überlebenskünstler aus ihrem Wurzelwerk (aus dem Stock) komplett neu auszutreiben. Der Fachbegriff hierfür ist Stockaustrieb. Bereits in der Steinzeit wurde diese besondere Fähigkeit einiger Bäume von den Menschen gezielt genutzt. Besonders im Mittelalter war die so genannte Niederwald-Bewirtschaftung verbreitet. Bäume wie die Hasel, Eiche, Hainbuche, Ahorn, Linde oder Esche wurden alle zehn bis dreißig Jahre „auf den Stock gesetzt“, also so geerntet, dass der Wurzelstock zurück blieb. Nach kurzer Zeit treiben die Bäume aus dem Wurzelstock neu aus und wachsen, bis sie nach dem nächsten Zyklus von einem bis drei Jahrzehnten aufs Neue geerntet werden. Der (Brenn-) Holzbedarf ganzer Dörfer wurde mit dieser Methode langfristig und nachhaltig sichergestellt. Relikte der Niederwaldbewirtschaftung findet man in ganz Deutschland. In Rheinlandpfalz kann man entsprechend einer Auswertung von Forsteinrichtungsdaten davon ausgehen, dass ca. 83.000 ha Wald aus Stockausschlag entstanden sind. Ist die Wurzel intakt, hat manche Baumart eine Chance auf ein zweites, drittes und viertes Leben.

Quellen