Die Eiche: Der Baum der Deutschen?

Die Eiche: Der Baum der Deutschen?


Der Beitrag als Podcast


Die Alte Eiche
(Volkslied, Strophen 1, 3, 5, 6)

Am Waldesrand, im Wiesengrund
die alte Eiche knorrig steht;
sie steht viel hundert Jahre drunt‘,
ob Sonnenschein, ob’s stürmt und weht.

Lehn‘ ich an ihrem moos’gen Stamm,
mir ist, als spräche sie zu mir:
„Wie du, so stand manch Jägersmann
vor hundert Jahren auch schon hier.

Ob Bettelmann, ob Fürstenblut,
ob Hochgeboren oder Knecht;
ich nahm sie all‘ in meine Hut,
und jeder hatte gleiches Recht.

Ich breitete die Arme weit
so über arm, wie über reich;
mich kümmerte nicht Rang noch Kleid,
ich schützte alle Menschen gleich.


Sie lesen es selbst, diesmal geht es um den Baum der Deutschen, die Eiche. Heute beträgt der Anteil der Eiche unter den Baumarten in Deutschland rund 10 %. Müsste da nicht eigentlich mit einem Anteil von etwa einem Viertel die Fichte der Baum der Deutschen sein? Die Deutsche Fichte? Oder blickt man in die Vergangenheit, als vor rund 4.000 Jahren der Siegeszug der Buchen begann. Deutschland wäre seither ohne menschlichen Einfluss vor allem Buchenland. Die Deutsche Buche? Nein, es ist und bleibt die Deutsche Eiche. Die deutsche Eiche, die bis 2001 die Deutsche Mark und das 50 Pfennig Stück schmückten und heute unsere in Deutschland geprägten 1-, 2- und 5- Cent Münzen zieren…

Wolperdinger-Eichen-Münzen

Bei der Recherche bin ich auf einem Baumkunde-Forum (www. baumkunde.de) auf eine spannende Thematik gestoßen, die ich mit Ihnen teilen möchte. Schnappen Sie eine solche Cent-Münze und betrachten Sie die dort abgebildete Eiche ganz genau. Bei den langstieligen Blättern handelt es sich eindeutig um die Blätter einer Traubeneiche. Darauf weist zu einen der lange Stiel hin, zum anderen fehlen am Blattgrund (dort wo der Stiel beginnt) die typischen Ohren der Stieleiche. Jetzt kommt aber das erstaunliche, denn bei die abgebildeten Eichelfrüchte sitzen auf langen Stielen, wie eben bei der Stieleiche üblich. Unsere Cent Münzen zeigen also, botanisch gesehen unmöglich, ein Hybrid aus Stieleiche und Traubeneiche. Das kommt daher, da der Designer der Münzen von getrennten Bäumen die Blätter und Früchte gesammelt hatte und diese ohne weitere baumkundliche Beratung am Zeichenbrett vereint hatte. Immerhin wird dadurch den beiden häufigsten unserer drei heimischen Eichenarten – wenn auch unabsichtlich – Tribut gezollt.

Alte 2-Pfennig Münze und aktuelles 5-Cent Stück:
Auf den beiden Geldstücken sind drei botanische Fehler versteckt, wer findet sie? *(Lösung am Ende des Artikels)

Neben der Stieleiche (Quercus robur) und der Traubeneiche (Quercus paetrea) findet man in Deutschland noch die Flaumeiche. Sie lässt sich gut von den anderen beiden Arten unterscheiden, dank Ihrer Behaarung an der Blattunterseite. Die vierte Eiche in unseren Wäldern kommt ursprünglich Amerika bzw. Kanada, die Roteiche. Während die Blätter unsere heimischen Eichen weich, rund gelappt sind, zeigt die Roteiche ihre spitze Seite nach außen. Im Herbst ist die Roteiche (Quercus rubra) kaum zu übersehen, wenn sie orange bis knallig-rot durch den Wald leuchtet. Das nur am Rande, in diesem Beitrag wird sich alles um unsere heimischen Eichen drehen.

Laub der Traubeneiche
Laub der Stieleiche
Roteiche mit Herbstlaub


Eiche der Druiden und Kaiser

Warum nun ist die Eiche der Baum der Deutschen? Gehen wir ein Stück in die Vergangenheit, weit in die Vergangenheit bis zurück zu den Kelten und den Germanen. Bei vielen Völkern ist die Eiche ein heiliger Baum, die Germanen feierten die Eiche als den „Fürst der Wälder“. Allgemein wurden mit der Eiche die Werte Leben, Stärke, Ausdauer, Treue, Wahrheit, Schutz und Fruchtbarkeit verbunden. Eichenhaine dienten kultischen Zwecken und von den Kelten ist überliefert, dass das Eichenlaub zwingendes Utensil für alle kultischen Handlungen war. Bei den Kelten wurde die Eiche übrigens „Duir“ genannt und ist damit vermutlich sprachlich verwandt mit dem Wort „Druide“. Bei den Germanen war die Eiche dem Wettergott Thor geweiht, sein keltisches Pendant ist der Himmels und Donnergott Taranis. Auch die Eichen im griechischen Raum (altgriechisch Eiche: drys) wurden dem Zeus als Wettergott und obersten Gott der olympischen Götterwelt zugeordnet. Im antiken Griechenland, wie im alten Rom sah man die Eiche als  Symbol der souveränen Macht, der Treue und der Solidität. (Nur am Rande: In Italien und Griechenland sprechen wir von den Arten der Zerreiche, der Kermeseiche oder der Galleiche.) Entsprechend findet man zahlreiche antike Münzen mit Eichenlaub und Eicheln verziert. Auch auf antiken Büsten ist oft Eichenlaub als Ehrenkranz vertreten, Kaiser Augustus und auch Julius Caesar wurde ein solcher Eichenkranz verliehen zunächst als Ehrerweisung seitens der Bürger, später als offizielle Kaiserkrone. Und damit schließen wir eine Bildungslücke aus den Asterix und Obelix Comics: Sie dürfen sich Julius Caesar also nicht nur mit dem Sieges-Lorbeerkranz vorstellen, sondern ebenfalls mit dem Eichen-Ehrenkranz. Bleiben wir bei Asterix und Obelix, denn für den Zaubertrank des Duiden Miraculix spielt die Eiche ebenfalls eine bedeutende Rolle. Damit der Zaubertrank seine kraftvolle Wirkung entfalten kann, muss Miraculix Misteln ernten und diese wiederum müssen auf einem Eichenbaum wachsen. Wer es nachlesen will: Band 1, Asterix der Gallier (viel Spaß!).

Ohne Eiche (und Mistelzweige) kein Zaubertrank

Damit sind wir zurück bei den Galliern sowie den Kelten, denn in Asterix und Obelix steckt ein wahrer Kern: Ob nun Druide von keltischen „Duir“ oder dem Griechischen „Drys“ abstammt, jeder der beiden Fälle würde auf die Bedeutung der Eiche für kultische Zwecke verweisen, als Orakelbaum, als Heilbaum, als Götterbaum. 

Warum nun war die Eiche so ein heiliger Baum? Vermutlich hängt das zusammen mit drei Eigenschaften der Eiche:

  • Sie kann sehr alt werden (daher vermutlich die Symbolik Beständigkeit, Ausdauer und Leben)
  • Sie trägt in guten Jahren sehr viele Eicheln (daher vermutlich die Symbolik Fruchtbarkeit)
  • Sie hat ein sehr hartes Holz (daher die Symbolik Stärke und Kraft).

Alt wie eine Eiche

Beginnen wir beim Alter der Eichen. Trauben- und Stieleichen als die häufigsten Eichenarten in Deutschland erreichen ein stolzes Alter von 500 – 1000 Jahren. Das Geheimnis der Fähigkeit ein hohes Alter zu erreichen, liegt bei der Eiche laut Forscher des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in ihren Genen. Interessanterweise verfügt die Eiche mit rund 26 Tausend Genen über mehr Gene, als wir Menschen (23 Tausend Gene). Überdurchschnittlich viele dieser Gene sind dabei in Gengruppen aneinandergereiht, was den Baum resistenter und widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Schädlinge macht. Die vermutlich älteste Eiche der Welt finden Sie in Österreich, in Bad Blumau. Sie ist die älteste von einer Reihe 1000-jähriger Eichen in Europa. Der  Kronendurchmesser der so genannten „dicken Oachn“ beträgt etwa 50 Meter, ihr Stamm hat einen Durchmesser von 2 – 2,50m. Zum Vergleich: Vor rund 1000 Jahren begann bei uns gerade die Zeit des Hochmittelalters. Bald sollte die Zeit der großen Kreuzzüge beginnen. In Mexiko herrschte die Blütezeit der Maya Stadt Chichen Itza. In China wurde der Kompass erfunden und im Kaiserreich China herrschte die Song-Dynastie. Österreich hieß noch “Ostarrichi” und in Bad Blumau begann das Leben einer kleinen Eiche, geboren aus einer kleinen Eichel.

Eichenbaum mit Herbstlaub am Waldrand


Nussige Eichel

Bleiben wir bei der Eichel. Die Eiche als Baum des Lebens und der Fruchtbarkeit lässt sich gut mit der Frucht der Eiche, der Eichel erklären. Wenn die Eichen im April bis Mai blühen haben erst einmal zahlreiche Insekten ihre Freude daran. Im Herbst (September – Oktober) profitieren die größeren Tiere dann von der gereiften Frucht. Jedes Kind kennt die Eicheln. Bei den Eicheln handelt es sich um Nussfrüchte, die in einem kleinen Fruchtbecher sitzt,  der so genannten Cupula (von lateinisch Kuppel). Bei der Stieleiche sitzen jeweils eine bis vier Eichelnüsse in ihren Cupulas am Ende eines langen Stiels. Daher der Name Stieleiche. Jetzt Raten sie mal, warum die Traubeneiche, Traubeneiche heißt? Bei der Traubeneiche sitzen mehrere Früchte regelrecht traubenartig beisammen an den Ästen und das mit einem kurzen Fruchtstiel.

Frucht der Stileiche

Egal ob Traubeneiche oder Stieleiche, für die Tiere sind die Früchte eine wichtige Nahrung. Eichhörnchen und Eichelhäher haben sogar ihren Namen von ihrem Lieblings-Futterbaum. Beide Tiere, das flinke Säugetier und der hübsche Rabenvogel haben gemeinsam, dass sie begeisterte Sammler sind. Sie sammeln die Eicheln und verstecken Sie meist unter der Erde. Während der Eichelhäher, das Superhirn der beiden, sich bis zu 6.000 Verstecke merken kann, vergisst das Eichhörnchen öfter, wo es seine Schätze verborgen hält und findet oft nur durch Zufall seinen Wintervorrat wieder – oder eben durch Zufall den Wintervorrat eines anderen Tieres. Das Eichhörnchen spielt mit seiner Vergesslichkeit eine wichtige Rolle in der Vermehrung der Eichen, denn nichts ist besser und sicherer für eine Eichel, als direkt in die Erde eingegraben zu werden. Dort kann sie wachsen und kein Schwein kann ihr etwas zu Leide tun. Und die Schweine haben die Eicheln tatsächlich zum Fressen gerne. Natürlich freuen sich auch Reh- und Rotwild und andere Tiere des Waldes über die Nussfrüchte, doch heiß beliebt sind sie bei den Wildschweinen. Auch ihre häuslichen Verwandten futtern gerne Eicheln und Eichelmast ist bis heute Feinschmeckern ein Begriff.

Delikatessen aus Eiche

Bereits im Mittelalter war die Nutzung der Wälder als Hutewald eine verbreitete Form der Tierhaltung. In die Hutewälder wurden Schweine, Ziegen, Rinder und Schafe getrieben, auf dass Sie sich dort von Blättern und Waldfrüchten ernährten. Besonders Schweine wurden im Herbst in Eichel- und Buchecker-reiche Wälder getrieben und dort gemästet. In der jüngeren Vergangenheit wurde diese Agroforstwirtschaftliche Nutzungsform wiederentdeckt. So grunzen beispielweise in Unterfranken seit etlichen Jahren wieder glückliche Schweine im Eichenmittelwald nahe Kitzingen.

Auch eine weitere Delikatesse hat mit Schweinen und Eichen zu tun. Jedoch dürfen die Schweine dabei weiterleben, zumal sie als wichtige Helfer und Spürnasen dienen. Die Rede ist vom „schwarzen Gold“ oder auch vom „weißen Gold“: Vom schwarzen oder weißen Trüffel. Trüffelpilze wachsen in Symbiose mit den Wurzeln verschiedener Baumarten, besonders gerne aber an Eichen. Besonders in den Eichenwäldern Frankreichs und Italiens gedeihen die kostbaren, köstlichen Knollen. Auch in Deutschland sind verschiedene Trüffelarten heimisch, bei uns ist die Ernte der seit 1986 auf der Roten Liste geführten Trüffel jedoch streng verboten.

Eichenwälder

Also doch lieber ein romantischer Spaziergang im Eichenwald ohne Trüffelschwein. Da hätten Sie übrigens entsprechend der Vorgaben der European Commission, DG Environment, aus dem Jahr 2007 vier verschiedene Eichenwald-Lebensraumtypen in Deutschland, die Sie besuchen können:

Den „Subatlantischen oder mitteleuropäischer Stieleichenwald oder Eichen-Hainbuchenwald“, den  „Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald Galio-Carpinetum“, die „Alten bodensauren Eichenwälder auf Sandebenen mit Quercus robur“ (Stieleiche) oder die „Pannonischen Eichen-Lindenwälder“. Oder Sie besuchen die Wälder der „Hartholzaue“, auch hier zählt die Stieleiche zusammen mit Ulmen und Eschen zu den Hauptbaumarten. Insbesondere auf nahrhaften Böden mit guter Wasserversorgung fühlt sich die Eiche wohl. Dazu zählen Lehm- und Tonböden, die sie gut mit ihrer tiefen Pfahlwurzel durchwurzeln kann. Apropos Wurzeln, die Pfahlwurzel der Eiche kann bis zu 40 Meter tief in die Erde reichen. Damit erschließt sich die Eiche nicht nur Wasservorräte der tieferen Bodenschichten, sondern sie ist gleichzeitig bestens im Boden verankert und in der Lage Stürmen zu trotzen. Die Traubeneiche mag es übrigens etwas wärmer als die Stieleiche, und gedeiht auch in Regionen mit weniger Niederschlag.

Ausgewachsener freistehender Eichenbaum

Zum Wuchsverhalten der bis zu 35 Meter hohen Eichen muss ergänzt werden, dass  es sich bei der  Eiche um eine unserer klarsten Lichtbaumarten handelt. Im Gegensatz zur Buche, die jahrelang im Schatten ausharren kann, bis sich eine Lichtlücke auftut, benötigt die Eiche von klein auf Licht. In den eben genannten Lebensraumtypen wächst die Eiche als Baumart eines Mischwaldes und  steht dadurch in dieser Gesellschaft auch in Konkurrenz zu den anderen Baumarten, mal der Hainbuche, mal der Linde, mal der Buche. Sie muss sich in Sachen Licht und Nährstoffe gegen diese durchsetzen, was beispielsweise gegen die Buche durchaus schwierig werden kann, da die Buche mehr Schatten verträgt und einmal durchgestartet bis zu 10 Meter höher werden kann, als die Eiche. Nur in wenigen Wäldern dominiert die Eiche als vorherrschende Baumart. Vor allem durch das Wirken des Menschen im Rahmen der Forstwirtschaft erhält die Eiche in diesen Baumgesellschaften eine Chance zu wachsen. Dass die Eiche etwas mehr als 10 Prozent der Waldfläche in Deutschland einnimmt, verdankt sie in vielen Fällen dem Mensch. Wer einmal natürliche Eichenwälder besichtigen möchte, der/die sollte eine Reise in Richtung Spessart oder Steigerwald unternehmen. Aber auch der Pfälzer Wald und vor allem der Sachsen-Wald bieten Reste großer Urwälder mit Eichen und Buchen.  

Was der Eiche zu schaffen macht

Und in diesen Eichen-Mischwäldern finden sich einige Tiere, die sich auf die Eiche spezialisiert haben, bzw. deren Lebensraum mit der Eiche eng verknüpft ist. Im Vergleich zu den anderen Baumarten in Deutschland ist die Eiche etwa der Baum, an dem die meisten Insektenarten leben. Unter den Käferarten, die an und von der Eiche leben, sind bekannte Vertreter, wie der seltene Hirschkäfer, der Nashornkäfer oder der Eremit. Aber auch verschiedene teilweise bunte Laufkäfer, Bockkäfer und weitere etwa 1.000 Arten können Sie an der Eiche begegnen, wobei es hier sowohl um lebende Eichen, als auch um Eichen mit Totoholanteilen und um Eichentotholz geht. Bei den Insekten wären zudem knapp 180 Großschmetterlingsarten an der Eiche zu nennen.

Zwei dieser Falter können dabei in der Nähe von Siedlungen durchaus zum Problem werden: Schwammspinner und Eichenprozessionsspinner. Eichenprozessionsspinner bieten ein bieten ein durchaus sehenswertes Schauspiel: In einer langen Prozession, Raupe an Raupe wandern die Raupen gemeinsam zum abendlichen Fressen in die Kronen der Eichen. Auf den ersten Blick sind die pelzigen, etwa drei Zentimeter langen Raupen harmlos – auf den zweiten Blick bzw. Atemzug wird das Problem offensichtlich: Die giftigen Brennhaare der Raupen sind rund um die vom Eichenprozessionsspinner befallenen Bäume in der Luft und lösen zum Teil heftige allergische Reaktionen aus: Sie brennen auf der Haut und rufen dort Ausschlag hervor. Atmet man sie ein, folgen Atemnot und Husten, bis hin zum allergischem Asthma. Dabei wird vor allem von den Haaren der älteren Larven das Nesselgift Thaumetopoein abgesondert. Die Raupenhaare wiederum haben kleine Widerhaken und setzen sich damit besonders gut überall fest. Ähnlich ist es mit dem Schwammspinner.

Raupen des Eichen-Prozessionsspinners im Nest am Stamm einer Eiche
Quelle: Von Falko Seyffarth („FWHS“) – self made, photo taken in Rodgau, Hessen, Deutschland,
CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=318278

Schwammspinner Raupen sind bräunlich bis schwarz und voller langer Haare. Im älteren Raupenstadium zeigen sie bläuliche und später leuchtend rote Warzen auf dem Rücken. Auch sie bilden ab dem dritten von sechs Raupenstadien Brennhaare, die einem die Freude am Atmen nehmen. Forstwirtschaftlich problematisch ist vor allem ihr Fressverhalten. Am liebsten futtern sie Eichen, aber auch Buchen und Hainbuchen werden nicht verschmäht. Sind die Raupten endlich satt, sind die Bäume kahl und teilweise nicht nur einzelne Bäume, sondern gleich ganze Waldbestände. Als weitere Schädlinge an der Eiche fressen beispielsweise Frostspanner, Eichenwickler oder der Eichenprachtkäfer.

Aber auch eine Pilzerkrankung hat den Eichen besonders vor einigen Jahren zu schaffen gemacht: Phytophthora ramorum, alias bekannt als „sudden oak death“. Besonders Jahre mit hoher Luftfeuchte begünstigt die Infektionen mit dem ursprünglich vermutlich aus Nordamerika stammenden Pilz. Die Sporen des Erregers verbreiten sich über die Luft. Schafft es der Pilz, sich an der Eiche festzusetzen und zu wachsen, hat die Eiche mit Rindenkrebsen an Stamm und Wurzelraum zu kämpfen. Es kommt zu einem rötlichen Schleimfluss, Triebe sterben ab, die Blätter, mit schwarzen Flecken übersäht, beginnen zu welken. Im besten Fall wird der Baum massiv geschwächt, im schlimmsten Fall stirbt er ab.

Gesundes, Leder und Hochprozentiges

Kommen wir zurück zu gesünderen Themen rund um die Eiche. Die Eiche spielt in der Naturmedizin eine große Rolle. Nicht nur Druiden und Heilkundige der vergangenen Jahrhunderte schätzten die Eiche auf Grund ihrer antibakteriellen und entzündungshemmenden Wirkung.

Besonders die Eichenrinde enthält Gerbstoffe und Flavonoide, welche zu medizinischer Linderung bei Beschwerden wie Durchfall, Hauterkrankungen, Hämorriden oder Fußschweiß verhelfen. Dazu verarbeitet man die Rinde zu Tee, heilenden Tinkturen oder Bädern.

Die Gerbstoffe der Rinde spielten über Jahrtausende noch eine weitere Rolle. Die Namensgleichheit von Gerbstoff und Gerben ist kein Zufall. Die Gerbstoffe in der Rinde der Eiche wurden genutzt, um Tierhäute in Leder umzuwandeln.  Dazu wurde bei der Altgrubengerbung, nachdem die Haut von tierischen Resten und Haaren gereinigt war, die Häute in Gruben mit Gerbbrühe versenkt. Die Gerbbrühe wurde aus der Rinde der Eichen extrahiert. Zusätzlich zur Brühe wurden die Häute mit Eichenrinden bedeckt. Insgesamt dauerte die Gerbung zwischen 12 und 20 Monaten. Während dieser Zeit in der gärenden Loh- Lösung wurde das Leder zäh und widerstandsfähig. Für die Gewinnung der Rinde gab es eigene Loh- oder Rindenschälwälder. Die Bezeichnung Lohwald ist ein Hinweis darauf, dass in einem Wald einstmals Rinde für die Ledergerbung gewonnen wurde.

So sorgte die Eiche dafür, dass die Menschen beispielsweise gutes Schuhwerk an den Füßen tragen. Aber auch für vollere Mägen sorgten die Eichenbäume. Aber bitte nicht die naturbelassenen Eicheln vom Waldboden. Was Wildschein, Reh und CO mundet würde bei uns Menschen roh zu Verdauungsbeschwerden, Magen- und Bauchkrämpfen führen. Verantwortlich dafür sind die Gerbstoffe, die man bevor Eicheln verzehrbar werden erst einmal beseitigen muss. Der Gerbstoff Tannin ist wasserlöslich. Deshalb funktioniert es, die Eicheln zunächst ein paar Tage zu wässern. Im Wasser lösen sich die Gerbstoffe, weshalb das Wasser immer wieder erneuert und weggeschüttet werden sollte. Danach können die nun genießbaren Nüsse zu Mehl oder Eichel-Püree verarbeitet werden oder als gesunde Nüsse vernascht werden. Gesund sind die Eicheln unter anderem deshalb, dass sie reich an Proteinen und ungesättigten Fettsäuren sowie eine gute Quelle an B-Vitaminen sind. Nicht nur in Notzeiten dienen die Eicheln gewässert, geröstet und gemahlen als koffeinfreier Kaffeeersatz. Der Eichelkaffee soll mit einer herb-würzigen Note und durch seine magenfreundliche Wirkung überzeugen.

Ohne Eiche kein Whiskey

Auch für ein weiteres, nicht unbedingt magenfreundliches, aber durchaus beliebtes alkoholisches Getränk spielt die Eiche eine wichtige Rolle: Ohne die Eiche, ist ein Whiskey einfach kein richtiger Whiskey. Ausgehend vom Malz wird die Maische aus der Gerste zum Gären gebracht und daraus der Rohwhisky destilliert. Dieser farblose Rohwhisky wiederum wird jahrelang in Eichenfässern  gelagert, um dort zu reifen. Meist werden die Eichenfässer vor der Befüllung mit Feuer behandelt („getoastet“) um besondere Aromen zu erzeugen. Während der Lagerung im Eichenfass erhält der Whiskey aus dem Holz der Fässer zum einen seine typische goldbraune Farbe, zum anderen übernimmt er Geschmacks- und Aromastoffe aus dem Holz. Für günstigere und schnellere Reifeprozesse werden die Destillate teilweise in Edelstahltanks gelagert. Dennoch mengt man dabei dem Alkohol Eichenholzchips bei, die später natürlich wieder abgeseiht werden. Ohne Eichenholz erhält Whisky einfach nicht sein typisches Aroma.

Venedigs eicherne Stützen

Das Ergebnis ist eine hochprozentige Gaumenfreude und lässt den Boden unter den Füßen wanken. Ohne Eichenholz würde noch manch anderer Boden wanken. Dies soll keine Anspielung sein auf die zahllosen Eichenparkett- oder Eichendielen Böden auf denen wir jeden Tag gehen, sondern auf die Wasser-Stadt Venedig. Ohne die Eiche würde ein Teil der Stadt Venedig bestenfalls schwimmen, eher jedoch untergehen. Während das Fundament vieler Häuser Venedigs auf kleinen Inseln festsitzt, wurde ein Teil der Gebäude auf Holzpfählen errichtet.

Unter den Kulissen von Venedig tragen tausende Eichen Teile der Stadt

Vor allem die Eiche als langlebiges und beständiges Holz wurde hierfür genutzt. Beispielsweise soll die barocke Kirche Santa Maria della Salute am Canal Grande auf über einer Million Baumstämme ruhen. Alleine 10.000 Eichenstämme sollen gebraucht worden sein, um den Baugrund der Kirche zu befestigen.

Beständig. Hart. Eiche.

Doch nicht nur die Gebäude Venedigs verdanken der Eiche ihre Stabilität. Früher galt Eichenholz als das klassische Holz für den Bau von Fachwerkhäusern.

Eichenstamm mit Kern- und Splintholz

Die Eiche ist eine der Baumarten, die einen echten Kern ausbilden. Dieses Kernholz zeichnet sich aus durch besondere Dichte, Resistenz gegen Pilze und Festigkeit. Optisch lässt sich Eichenholz leicht erkennen: Das Holz des Kernes weist eine honigbraune Färbung auf, die Zellen des Frühholzes sind relativ groß, werde aber während das Holz verkernt verstopft. Dadurch nimmt das verkernte Holz kaum mehr Feuchtigkeit auf und ist das ideale Holz für Fässer, Badezuber und CO aber auch für einen Einsatz als feuchtes Fundament Venedigs. Das Spätholz der Eiche (also das innerhalb eines Jahresrings im späteren Jahresgang gebildete Holz) ist feinporig. Aus der Nähe betrachtet, schaut das Holz mit seiner Mischung aus groben Frühholzporen und feinen Spätholzzellen so aus, als ob sich jeder Jahrring aus lauter kleinen Flammen zusammensetzen würde, Von der Stirnseite betrachtet, lässt sich das Eichenholz so gut erkennen. Auch von der Seite lässt sich Eichenholz gut erkennen anhand seiner Farbe, über die gut erkennbaren groben Frühholzzellen und die große Markstrahlen, die dem Holz als so genannte „Spiegel“ im Licht schimmernde Stellen verleihen. Das Holz der Eiche zählt zu den dichtesten der einheimischen Baumarten. Darrtrocken (Restfeuchte 0%) spricht man von einer Dichte von 670 kg/m³, im einfachen lufttrockenen Zustand von 870 kg/m³ (zum Vergleich Fichte: darrtrocken: 410 kg/m³ lufttrocken: 520 kg/m³). Das Holz der Eiche enthält ca. 6% Gerbstoffe. Dadurch ist es gut geschützt gegenüber Schädlingen und Pilzen und besonders widerstandsfähig und kann ebenso innen wie außen genutzt werden. Wissenswert ist, dass man für Eichenholz am besten rostfreie Nägel nutzen sollte, denn die Säure im Holz (pH Wert 3,9) lässt manche Nägel und Schrauben leichter rosten.

Eichenbrett mit gut erkennbarer Flammung an Stirnseite

Hier noch zusammenfassend ein paar beliebte Einsatzgebiete von Eichenholz: Parkett, Möbel als Vollholz oder teures Furnier, Fässer, Treppen, Türen und Fensterrahmen und vieles mehr. Eine Sonderform des Eichenholzes ist die Mooreiche. Hierbei handelt es sich nicht um eine Eichenart, sondern um Holz, das längere Zeit in Mooren und Sümpfen gelagert hat. Eisensalze aus dem Moorwasser und die Gerbsäure des Eichenholzes lassen das Holz unter Ausschluss von Sauerstoff noch härter werden und verändern die Holzoptik. Teilweise können solche Mooreichen-Funde mehrere Tausend Jahr alt sein. Beispielsweise im Zuge des Brauntagekohlebaus werden die alten Stämme wieder ans Tageslicht befördert. Das Holz der Mooreichen ist dunkler, oft sogar schwarz und wird und wurde gerne für Kunstwerke, Vertäfelungen oder als kostbares Furnier genutzt.

Der Baum der Deutschen

Wie wäre es also mit einem Wochenende zu zweit in einem alten Fachwerkhaus, umgeben von Eichenbalken, in mitten alter Eichenmöbel (womöglich aus Mooreiche), bei Kerzenlicht mit einem guten Schlückchen Whiskey und leckeren Eichelnudeln mit gehobeltem Trüffel, einfach ein wenig Eichenromantik zu zweit. Romantik ist das Stichwort, denn um die Eingangs-Frage final zu klären, warum die Eiche der Baum der Deutschen ist, müssen wir in die Epoche der Romanik eintauchen. Wir wissen bereits, dass die Eiche schon bei den Kelten und Germanen eine wichtige Rolle spielte. Eine Novelle des Eichenkults fand in der Zeit der Romanik und den Jahrzehnten davor statt. Im Jahr 1769 verfasste der deutsche Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock sein Drama „Hermanns Schlacht“. Wiederholz tauchen dort die Eiche oder Eichenhaine auf als Element der Germanischen Mythologie. In der siebten Szene gar wird das Vaterland mit der Eiche gleichgestellt:

Du gleichst der dicksten, schattigsten Eiche
Im innersten Hain,
Der höchsten, ältesten, heiligsten Eiche,
O Vaterland!

Gut achtzig Jahre später benannte auch der große Dichter der Romantik Johan von Eichendorf seine Heimat als das „Land der Eichen“. Nachzulesen ist dies in Eichendorffs Sammlung „Zeitlieder“ in der „Libertas Klage“ (Libertas = Freiheit), dort schreibt er 1849:

Weh, du schönes Land der Eichen!
Bruderzwist schon, den todbleichen,
Seh‘ ich mit der Mordaxt  schleichen.
Und in künft’gen öden Tagen
Werden nur verworrne sagen
Um den deutschen Wald noch klagen.

Aber das Gedicht handelt eigentlich nicht von der Eiche und dem deutschen Wald, beide stehen nur stellvertretend für die Lage in Deutschland. Die Eiche einte damit als Symbol eine Vielzahl an Königreichen und Herzog- und Fürstentümern sowie freie Städte, die zu diesem Zeitpunkt den lockeren „Deutschen Bund“ bildeten, ohne sich tatsächlich zu einem freien gemeinsamen Deutschland zusammenzuschließen. Bei Eichendorff und anderen Dichtern und Malern der Romantik spielte der Wald als Sehnsuchtsort eine besondere Rolle und darin kam der Eiche mit ihrer mystischen Vorgeschichte, ihrem Alter und Beständigkeit, ihrem knorrigen Wuchs eine ganz besondere Rolle zu.

Als im Jahr 1871 in mehreren Schritten das Deutsche Kaiserreich gegründet wurde, wurden zahlreiche Kaisereichen in Gedenken an diesen politischen Meilenstein und zur Kaiserkrönung von Wilhelm I. gepflanzt, auch Friedenseichen (Ende der deutsch-französischen Kriege 1870 – 1871). Auch später zur Zeit des Nationalsozialismus wurden wieder Eichen gepflanzt, diesmal anlässlich der Olympiade in Berlin 1936. Die Sieger der einzelnen Disziplinen erhielten zusätzlich zur Medaille einen ca. 70cm großen Eichensetzling. 129 solcher Eichen wurden an die Athleten verteilt. Wo diese von der britischen Presse als „Hitler-Eichen“ benannten Bäume weltweit wachsen, das hat der amerikanische Autor James Ross Constandt recherchiert und in seinem Buch „The 1936 Olympic oaks: Where are they now?“ zusammengetragen. In den USA etwa wurden 24 dieser Eichen gepflanzt, vier davon sind heute noch am Leben. Lebendig blieb auch nach dem zweiten Weltkrieg die Eiche als Baum der Deutschen auf Münzen, Militärischen Abzeichen, in Städtewappen und vielem mehr.

Eiche gut, alles gut. Ende

*Lösung: Beim alten 2-Pfennig Stück sind die Blätter gegenständig angeordnet (wie es z.B. beim Ahorn wäre), bei der Eiche wachsen die Blätter jedoch wechselständig (wie z.B. bei der Buche). Beim 5 Cent Stück sieht man die Blätter der Traubeneiche, jedoch die Früchter der Stieleiche. Außerdem wächst der Fruchstand unten am Stiel, müsste aber aus einer Blattachsel entspringen.

Quellen